Bundesgerichtshof, Urteil vom 26.03.2019 – II ZR 244/17

Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte darüber zu entscheiden, ob der Fremdgeschäftsführer einer GmbH bei einer Kündigung seines Geschäftsführerdienstvertrages durch das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) als Arbeitnehmer geschützt ist.

Sachverhalt:

Geklagt hatte ein Mann, der 2005 im Alter von 50 Jahren zum Geschäftsführer einer GmbH berufen worden war. In dem Anstellungsvertrag von 2005 haben die Vertragsparteien unter anderem vereinbart, dass das eingegangene Dienstverhältnis durch jeden der Vertragsschließenden – unabhängig von einer bestehenden Befristung – durch eine einseitige Erklärung mit einer Frist von sechs Monaten zum Jahresende beendet werden kann. Der Anstellungsvertrag wurde mehrfach verlängert, zuletzt für weitere fünf Jahre bis zum 31. August 2018. Nachdem die Beklagte den nun klagenden Geschäftsführer 2015 abberufen hat, wurde er im Juni 2016, also im Alter von 61 Jahren unter Berufung auf die obige Vereinbarung zum Jahresende gekündigt. Der Kläger verlangt mit seiner Klage die Feststellung, dass sein Dienstvertrag durch die Kündigung insbesondere nicht zum 31. Dezember 2016 beendet wurde. Der klagende Geschäftsführer hatte in den Vorinstanzen keinen Erfolg.

Entscheidung:

Laut BGH ist der klagende Geschäftsführer aufgrund der Beendigungsklausel in seinem Dienstvertrag gem. § 7 Abs. 1, § 3 Abs. 1 Satz 1, § 1 AGG unmittelbar benachteiligt, da sie an einen der in § 1 AGG genannten Gründe, nämlich das Alter anknüpfe. Die Beklagte habe ein legitimes Ziel im Sinne von § 10 Satz 1 AGG für die Ungleichbehandlung des Klägers wegen des Alters nicht dargelegt.

Insbesondere seien die Vorschriften des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes auf den vorliegenden Fall anwendbar. Bei der Kündigung des klagenden Geschäftsführers handele es sich um eine Entlassungsbedingung im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 2 AGG. Vielmehr sei der Fremdgeschäftsführer einer GmbH bei europarechtskonformer Auslegung jedenfalls insoweit als Arbeitnehmer im Sinne von § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AGG anzusehen, wie bei einer Kündigung seines Geschäftsführerdienstvertrags der sachliche Anwendungsbereich des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes über § 2 Abs. 1 Nr. 2 AGG eröffnet sei. Die Richtlinie 2000/78/EG und in ihrer Umsetzung das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz wollen einen breiten Personenkreis schützen. Dieses Ziel lässt es laut BGH zu, den Fremdgeschäftsführer einer GmbH als vor Diskriminierung durch Entlassungsbedingungen geschützten Arbeitnehmer im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 2 AGG anzusehen.

Praxistipp Ogletree Deakins:

Bisher hat der BGH offengelassen, ob ein Fremdgeschäftsführer im Wege der Auslegung des § 6 Abs. 1 AGG als Beschäftigter angesehen werden kann. Nun hat er diese Frage eindeutig beantwortet und damit für mehr Klarheit bei der vertraglichen Ausgestaltung von Geschäftsführerverträgen gesorgt.

Eine Vertragsbeendigung „ohne Kündigung“, d.h. eine Befristung des Arbeitsverhältnisses auf das Renteneintrittsalter ist gem. § 10 Satz 3 Nr. 5 AGG erlaubt. Dagegen ist eine Kündigung, die allein auf das Rentenalter des gekündigten Arbeitnehmers gestützt wird, nicht gem. § 10 Satz 1 und 2, Satz 3 Nr. 5 AGG gerechtfertigt. Wir empfehlen daher, eine rechtssichere Befristungsklausel in den Anstellungsvertrag eines Geschäftsführers aufzunehmen, um auf eine rechtlich zulässige Art und Weise zu erreichen, dass der bestellte Geschäftsführer – entgegen den Vorstellungen – spätestens ab dem Renteneintrittsalter für das eigene Unternehmen nicht mehr tätig werden kann.

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