Homeoffice hat sich 2020 coronabedingt von einem Ausnahmefall zur Regellösung entwickelt. Trotz der Herausforderungen, die das Arbeiten von zuhause aus mit sich bringt, genießen viele Mitarbeiter das erhöhte Maß an Flexibilität. Gerade im teils verregneten deutschen Sommer, klingt es sicherlich verlockend, die Arbeit am Strand in Spanien – oder mit einem schönen Ausblick auf die norwegischen Fjorde zu erledigen. Obwohl die technischen Gegebenheiten ein solches Vorhaben durchaus ermöglichen könnten, sollte auf jeden Fall beachtet werden, dass sich bei einer Verlagerung des Homeoffice ins Ausland unter anderem steuerrechtliche und sozialversicherungsrechtliche Besonderheiten ergeben, die sowohl Arbeitergeber als auch Mitarbeiter beachten müssen. Mitunter wird auch die Frage nach einer Arbeitserlaubnis bedeutsam.

Beim Arbeiten im Ausland ergeben sich zahlreiche sozialversicherungsrechtliche Fragen. Wenn der Arbeitgeber in einem anderen Staat ansässig ist, aus welchem heraus der Mitarbeiter die Arbeitsleistung erbringt, muss zunächst ermittelt werden, in welchem Staat die Sozialversicherungsabgaben überhaupt zu entrichten sind. Die europäische Verordnung VO (EG) Nr. 883/2004 stellt die Regeln für den EU- und EWR-Raum (EU + Schweiz, Norwegen, Liechtenstein) auf. Die Grundregel ist, dass das Recht des Mitgliedsstaates anwendbar ist, in dem die Tätigkeit tatsächlich ausgeführt wird, (Art. 11 III a).  Eine Besonderheit ergibt sich allerdings, wenn die Tätigkeit zunächst in Mitgliedstaat A (z.B. Deutschland) ausgeübt wird und der Mitarbeiter anschließend in Mitgliedssaat B (z.B. Italien) entsandt wird, um dort weiterhin für den Arbeitgeber tätig zu sein. Wenn diese Entsendung nicht länger als 24 Monate andauert und der Mitarbeiter keinen anderen Mitarbeiter ersetzt, besteht die Sozialversicherungspflicht in Mitgliedsstaat A (hier: Deutschland) weiter. Voraussetzung für eine Entsendung ist jedoch zudem, dass der Mitarbeiter zuvor mindestens einen Monat beim Arbeitgeber oder einem anderen Arbeitgeber im Mitgliedsstaat A sozialversicherungspflichtig beschäftigt war. Ist das nicht der Fall (z.B. bei Neueinstellungen) scheidet eine Entsendung aus. Eine Entsendung setzt jedoch voraus, dass der Mitarbeiter auf Weisung des Arbeitgebers in einem anderen Staat tätig wird. Eine Entsendung mit der Folge der Absicherung in der Sozialversicherung des Landes, in welchem der Arbeitnehmer seine Tätigkeit zuvor im Betrieb des Arbeitgebers erbracht hat, scheidet dann aus, wenn der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung ohne Kenntnis des Arbeitgebers von seinem Homeoffice aus in einem anderen Land erbringt.

Artikel 13 regelt den Fall, dass die Tätigkeit in zwei oder mehr Mitgliedsstaaten ausgeübt wird. Demnach besteht die Sozialversicherungspflicht im Wohnmitgliedsstaat, wenn dort ein wesentlicher Teil der Tätigkeiten ausgeübt wird. Ein wesentlicher Teil der Tätigkeit im Wohnstaat setzt nicht voraus, dass ein Großteil der Arbeit dort erbracht wird. Wenn weniger als 25% der Tätigkeit im Wohnmitgliedsstaat erbracht werden, wird in der Regel von einem unwesentlichen Anteil ausgegangen. In diesem Fall greift die Sonderregelung nicht und die Sozialversicherungspflicht gemäß der allgemeinen Regel dort, wo die Tätigkeit tatsächlich ausgeübt wird.

Um die Beschäftigung und die Anwendbarkeit der Pflicht zum Entrichten des Sozialversicherungsbeitrags in nur einem EU-Mitgliedsstaat zu belegen, kann eine A1-Bescheinigung erforderlich sein. Diese Bescheinigung ist ein Beleg, der bestätigt, dass an einer Stelle bereits Sozialversicherungsabgaben gezahlt werden. Sollte der Sozialversicherungsbeitrag nicht oder nicht an der richtigen Stelle erbracht werden, können Nachzahlungspflichten entstehen. Außerdem verstößt ein solches Vorgehen nach deutschem Recht ggf. gegen § 266a StGB und kann dementsprechend strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen. Zudem ist zu beachten, dass bei einer fehlerhaften Entrichtung des Sozialversicherungsbeitrags trotz Zahlung kein Anspruch auf Versicherungsschutz besteht, gegebenenfalls können auch Schadenersatzansprüche entstehen, falls trotzdem Leistungen erhalten wurden.

In Hinblick auf die Einkommenssteuerpflicht gilt, dass eine EU-weite, einheitliche Regelung nicht besteht. In Deutschland wird die Einkommenssteuer als Quellensteuer automatisch von dem hier berechneten und ausgezahlten Gehalt abgezogen. Wird die Tätigkeit jedoch in einem anderen Staat erbracht, kann nach den dortigen Regelungen zur Einkommenssteuer zusätzlich eine solche Steuer anfallen. Zahlreiche Staaten haben Doppelbesteuerungsabkommen geschlossen, nach denen eine zweifache Besteuerung von Einkommen unter bestimmten Voraussetzungen nicht erfolgt.

Außerdem gilt es zu beachten, dass die Homeoffice-Tätigkeit im Ausland unter Umständen dazu führen kann, dass eine steuerpflichtige Betriebsstätte begründet wird. In einem solchen Fall können erhebliche Zusatzaufwendungen sowie eine steuerliche Erfassung im Ausland auf das Unternehmen zukommen. Eine Betriebsstätte wird unter Umständen bereits dann begründet, wenn im Ausland Büroräume angemietet werden oder dem Mitarbeiter die Vollmacht erteilt wird, Verträge für das Unternehmen im Ausland abzuschließen. Insofern ist auch hier Vorsicht geboten.

Der Arbeitgeber ist gut beraten, seinen Mitarbeitern grundsätzlich die Erbringung von Arbeitsleistungen im Homeoffice nur im Inland zu ermöglichen. Ausnahmen von dieser Regel sind im Einzelfall genau zu prüfen, um unangenehme Folgewirkungen zu vermeiden.

Foto: © 2020 Shutterstock / Paitoon Keatkeereerut

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