Das Gesetz zur Förderung der Betriebsratswahlen und der Betriebsratsarbeit in einer digitalen Arbeitswelt (kurz: Betriebsrätemodernisierungsgesetz) ist nunmehr am 18. Juni 2021 in Kraft getreten.

Ziel des Gesetzes ist es unter anderem, die Arbeit der Betriebsräte zu erleichtern und deren Mitbestimmungsrechte zu erweitern. Im Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) gab es in diesem Zuge umfangreiche Änderungen und Ergänzungen, welche Arbeitgeber unbedingt kennen sollten.

Nachfolgende Änderungen sind ab sofort zu beachten:

  • Betriebsratsratssitzungen in Präsenz haben nach wie vor Vorrang, allerdings ist eine virtuelle Teilnahme mittels Video- und Telefonkonferenz nun dauerhaft zulässig. Zwingende Voraussetzung ist, dass die Rahmenbedingungen hierfür – unter Sicherung des Vorrangs der Präsenzsitzung – in der Geschäftsordnung des Betriebsrats festlegt Außerdem darf kein Widerspruch mindestens eines Viertels der Betriebsratsmitglieder (binnen einer gesetzten Frist) vorliegen und es muss Vertraulichkeit sichergestellt sein, d. h. dass Dritte vom Inhalt der Sitzung keine Kenntnis nehmen können. Es ist mithin auch möglich, dass die Betriebsratsmitglieder zum Teil präsent und zum Teil virtuell an einer Betriebsratssitzung teilnehmen.
  • Ob der Betriebsrat von der Möglichkeit einer (teilweisen) virtuellen Betriebsratssitzung Gebrauch macht, entscheidet er allein.
  • Virtuell an einer Betriebsratssitzung teilnehmende Betriebsratsmitglieder gelten als anwesend und werden bei der Prüfung der Beschlussfähigkeit berücksichtigt. Die Bestätigung der Teilnahme muss in Textform erfolgen und ist z. B. per E-Mail, Messenger oder Chat möglich.
  • Vorstehende Änderungen gelten auch für den Gesamt- und Konzernbetriebsrat, die Jugend- und Ausbildungsvertretung, den Sprecherausschuss, den Wirtschaftsausschuss und die Ausschüsse des Betriebsrats. Eine Erweiterung auf die Schwerbehindertenvertretung sieht das Gesetz jedoch nicht vor.
  • Eine entsprechende Regelung, wonach auch Betriebsversammlungen virtuell abgehalten werden können, lässt das Gesetz ebenfalls vermissen, so dass diese weiterhin grundsätzlich in Präsenz durchzuführen
  • Beschlüsse der Einigungsstelle können ab jetzt auch in elektronischer Form niedergelegt und vom Vorsitzenden durch eine sog. qualifizierte elektronische Signatur versehen werden (§§ 76, 77 BetrVG).
  • Die Möglichkeit von virtuellen Verfahren vor der Einigungsstelle läuft zum 30. Juni 2021 aus und wird durch das Gesetz nicht übernommen. Diese sind ab dem 1. Juli 2021 wieder zwingend in Präsenz durchzuführen.
  • Betriebsvereinbarungen können ab jetzt ebenfalls in elektronischer Form geschlossen werden, wobei eine (einfache) elektronische Signatur sowohl vom Arbeitgeber als auch vom Betriebsrat erforderlich ist (§ 77 Abs. 2 S. 3 BetrVG). Gleiches gilt auch beim Abschluss von Interessenausgleichen und Sozialplänen (§ 112 Abs. 1 S. 1 BetrVG).
  • Ferner wird in § 79a BetrVG eine neue Regelung aufgenommen, wonach der Arbeitgeber nunmehr die datenschutzrechtliche Verantwortlichkeit für personenbezogene Daten trägt, die der Betriebsrat verarbeitet.
  • Außerdem gilt ab jetzt die Hinzuziehung eines Sachverständigen, wenn es um die Einführung oder Anwendung von Künstlicher Intelligenz (KI) geht, immer als erforderlich im Sinne des § 80 Abs. 3 BetrVG. Dies dürfte zu erheblichen Mehrkosten für die Arbeitgeber führen, da der Betriebsrat zusätzlich die Hinzuziehung eines Rechtsbeistandes für erforderlich wird halten können. Bedauernswerterweise findet sich in den Änderungen auch keine Definition für „KI“.
  • Das Mitbestimmungsrecht bei Auswahlrichtlinien gilt auch, wenn KI zum Einsatz kommt (§ 95 Abs. 2a BetrVG).
  • Des Weiteren wurde in 87 Abs. 1 Nr. 14 BetrVG ein neuer Mitbestimmungstatbestand aufgenommen. Danach darf der Betriebsrat mitbestimmen, wenn es um die Ausgestaltung von mobiler Arbeit geht, die mittels Informations- und Kommunikationstechnik erbracht wird. Dies umfasst z. B. die Erreichbarkeit der Arbeitnehmer, den Umgang mit Arbeitsmitteln, Aufwendungsersatz, Sicherheitsaspekte etc. Kein Mitbestimmungsrecht besteht, wenn die Mobilität bereits aus der Eigenart der zu erbringenden Arbeitsleistung hervorgeht, z. B. bei Monteuren.
  • Der Betriebsrat hat nach dem neu eingeführten § 87 Abs. 1 Nr. 14 BetrVG jedoch kein Initiativrecht, wenn es um die Einführung der Möglichkeit von mobiler Arbeit geht. Weder Betriebsrat noch Arbeitnehmer können mobile Arbeit erzwingen.
  • Darüber hinaus ist nach einem neu eingefügten § 96 Abs. 1a BetrVG eine Einigungsstelle zur Vermittlung anzurufen, wenn sich Arbeitgeber und Betriebsrat nicht über Maßnahmen der Berufsbildung einigen können.

Zusätzlich zu den genannten Neuregelungen gibt es wichtige Änderungen bezüglich des Wahlverfahrens, welche für die regulären Betriebsratswahlen im kommenden Frühjahr maßgeblich sein werden. Wir werden Sie über diese Änderungen in einem gesonderten Newsletter rechtzeitig vor den Betriebsratswahlen informieren.

Copyright: Shutterstock / H_Ko

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