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Die Vereinbarung wirksamer Ausschlussfristen in Arbeitsverträgen liegt im Unternehmensinteresse zur Erlangung von Rechtssicherheit innerhalb eines relativ überschaubaren Zeitraums. Arbeitsvertragliche Ausschlussfristen beinhalten regelmäßig, dass Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis verfallen, wenn sie nicht innerhalb einer bestimmten Frist (mindestens drei Monate, vgl. BAG, Urteil vom 28.09.2005 – 5 AZR 52/05) nach ihrer Fälligkeit gegenüber der anderen Partei – zumeist schriftlich – geltend gemacht werden. Da Arbeitsverträge als vorformulierte Vertragsbedingungen in der Praxis fast ausnahmslos der AGB-Kontrolle der §§ 305 ff. BGB unterliegen, sind bei der Vertragsgestaltung u.a. auch die Klauselverbote des § 309 BGB zu beachten. Der ­bisherigen Fassung des § 309 Nr. 13 BGB kam bei der Arbeitsvertragsgestaltung bislang keine große Bedeutung zu, da nach dieser nur solche Klauseln unwirksam waren, die für gegenüber dem Verwender (= Arbeitgeber) oder einem Dritten abzugebende Anzeigen oder Erklärungen eine strengere Form als die Schriftform vorsehen. Die in arbeitsvertraglichen Ausschlussklauseln oft enthaltene schriftliche Geltendmachung der Ansprüche war daher nach der bisherigen Rechtslage unproblematisch.

Neuregelung des § 309 Nr. 13 BGB ab 01.10.2016

Der Gesetzgeber hat im Rahmen des Gesetzes zur Verbesserung der zivilrechtlichen Durchsetzung von verbraucherschützenden Vorschriften des Datenschutzrechts § 309 Nr. 13 BGB neu gefasst. Diese Neufassung wirkt sich auch auf die Arbeitsvertragsgestaltung aus. Nach dem neuen § 309 Nr. 13 BGB sind ab dem 01.10.2016 in nicht notariell beurkundungspflichtigen Verträgen solche AGB-Bestimmungen unwirksam, die für gegenüber dem Verwender oder einem Dritten abzugebende Anzeigen oder Erklärungen eine strengere Form als die Textform vorsehen. Unter Anzeigen oder Erklärungen fallen einseitige Willensäußerungen rechtsgeschäftlicher, geschäftsähnlicher oder rein tatsächlicher Art (vgl. MüKo-BGB/Wurmnest, 7. Aufl. 2016, § 309 Nr. 13 Rn.3). In Arbeitsverträgen kann dies etwa Bestimmungen bezüglich Nebentätigkeitsanzeigen, Urlaubsanträgen und vor allem die fristwahrende Geltendmachung von Ansprüchen betreffen. Ab dem 01.10.2016 darf in AGB für die Abgabe solcher Erklärungen als strengste Form nun nicht mehr die Schriftform (§ 126 BGB) oder die elektronische Form (§ 126a BGB), sondern nur noch die Textform des § 126b BGB vorgesehen werden. Hierfür genügt etwa eine Erklärung per E-Mail, SMS, in welcher die erklärende Person genannt wird; einer eigenhändigen Unterschrift bedarf es nicht. Obgleich auch bislang die in Ausschlussklauseln nur vertraglich vorgesehene Schriftform nach der Zweifelsregel des § 127 Abs. 2 BGB durch eine telekommunikative Übermittlung gewahrt werden konnte, sind nach dem klaren Wortlaut des neuen § 309 Nr. 13 BGB ab dem 01.10.2016 nun AGB-Bestimmungen, die für Erklärungen eine strengere Form als die Textform vorsehen, unwirksam.

Auswirkungen der Neuregelung auf Ausschlussfristen

Nach der Übergangsvorschrift des Art. 229 EGBGB § 37 ist der neue § 309 Nr. 13 BGB nur auf Schuldverhältnisse anzuwenden, die nach dem 30.09.2016 entstanden sind. Da Arbeitsverhältnisse mit Vertragsschluss entstehen und nicht erst mit dem tatsächlichen Arbeitsbeginn, kommt es maßgeblich auf den Zeitpunkt des Abschlusses des Arbeitsvertrags an. Insofern ist zwischen Arbeitsverträgen, die noch vor dem 01.10.2016 abgeschlossen wurden („Altarbeitsverträge“), und solchen, die ab dem 01.10.2016 abgeschlossen werden („Neuarbeitsverträge“), zu unterscheiden.

In Neuarbeitsverträgen dürfen danach nur noch Ausschlussfristen mit einer Anspruchsgeltendmachung in Textform vereinbart werden. Ob bei einem Verstoß die gesamte Ausschlussklausel unwirksam wird oder ob sie bei Anwendung des „Blue-Pencil-Tests“ zumindest teilweise, ohne jegliches Formerfordernis, aufrechterhalten bleibt, ist äußerst zweifelhaft und naturgemäß derzeit nicht höchstrichterlich geklärt. Angesichts des nicht unerheblichen Unwirksamkeitsrisikos der gesamten Klausel und eines mit der Unwirksamkeit einhergehenden Rückfalls auf die dreijährige Verjährungsfrist ist der Praxis dringend zu empfehlen, ab dem 01.10.2016 nur noch an die neue Gesetzeslage angepasste Arbeitsverträge abzuschließen.

Ausschlussklauseln in Altarbeitsverträgen, die eine schriftliche Anspruchsgeltendmachung beinhalten, bleiben hingegen grundsätzlich wirksam. Besondere Sorgfalt ist jedoch bei der Gestaltung von Änderungsverträgen angezeigt, mit denen Altarbeitsverträge nach dem 30.09.2016 geändert werden. Problematisch ist insbesondere der Abschluss von Änderungsverträgen, die neben der eigentlichen Vertragsänderung auch eine Regelung beinhalten, wonach alle anderen Vereinbarungen aus dem Altarbeitsvertrag unberührt bleiben. Ob und unter welchen Voraussetzungen durch einen nach dem 01.10.2016 vereinbarten Änderungsvertrag aus einem Altarbeitsvertrag ein Neuarbeitsvertrag wird, mit der Folge der Anwendung des neuen § 309 Nr. 13 BGB, ist Art 229 § 37 EGBGB nicht mit der gebotenen Klarheit zu entnehmen. Es verbleibt das Risiko, dass die Rechtsprechung eine Vertragsänderung gegebenenfalls entgegen dem Wortlaut des Art 229 § 37 EGBGB unzutreffend bereits als „neues Schuldverhältnis“ werten oder an die Rechtsprechung des BAG zur Auslegung von arbeitsvertraglichen Tarifverweisungsklauseln im Zusammenhang mit dem Inkrafttreten der Schuldrechtsreform anknüpfen wird. Nach dieser Rechtsprechung wird – verkürzt – aus einem Altvertrag dann ein Neuvertrag, wenn auch der bisherige Inhalt eines Altvertrags im Änderungsvertrag zum Gegenstand der rechtsgeschäftlichen Willensbildung der Vertragsparteien gemacht worden ist (vgl. BAG, Urteil vom 21.10.2015 – 4 AZR 649/14). Vor diesem Hintergrund sollte bei künftigen Vertragsänderungen auf eine klare Konkretisierung der Änderungsgegenstände geachtet und vorsorglich im Änderungsvertrag eine mit der neuen Gesetzeslage konforme Ausschlussklausel aufgenommen werden.

Die in Tarifverträgen enthaltenen Ausschlussklauseln sind mangels Eingreifen des AGB-Rechts in Tarifverträge (§ 310 Abs. 4 BGB) nicht von der Gesetzesänderung erfasst. Dies soll nach der Rechtsprechung grundsätzlich auch bei einer nicht unmittelbaren, normativen Geltung von Tarifverträgen für den Fall gelten, wenn durch eine arbeitsvertragliche Bezugnahme auf den gesamten einschlägigen Tarifvertrag verwiesen wird (BAG, Urteil vom 18.09.2012 – 9 AZR 1/11). Anders kann es sich hingegen in Fällen einer nicht unmittelbaren, zwingenden Tarifgeltung verhalten, wenn durch arbeitsvertragliche Bezugnahme nur auf einzelne Vorschriften eines Tarifvertrags oder auf nicht einschlägige Tarifverträge verwiesen wird. In diesen Fällen wird grundsätzlich eine AGB-Kontrolle der arbeitsvertraglich in Bezug genommenen Tarifregelungen vorgenommen (vgl. BAG, Urteil vom 06.05.2009 – 10 AZR 390/08). Sofern daher in ab dem 01.10.2016 abgeschlossenen Arbeitsverträgen durch Teilverweisungen oder Bezugnahmen auf nicht einschlägige Tarifverträge tarifliche Ausschlussklauseln mit schriftlicher Anspruchsgeltendmachung einbezogen werden, dürfte die so in Bezug genommene Ausschlussfrist nach § 309 Nr. 13 BGB zwischen den Arbeitsvertragsparteien nicht mehr zulässig sein. Zur Vermeidung dessen empfiehlt es sich, die arbeitsvertraglichen Tarifverweisungsklauseln im Einzelfall auf deren Umfang und Inhalt zu prüfen und direkt im Arbeitsvertrag eine mit der neuen Gesetzeslage übereinstimmende Ausschlussklausel zu vereinbaren.

Fazit und aktuelle BAG-Entscheidung

Angesichts der Neufassung des § 309 Nr. 13 BGB ist Unternehmen zu empfehlen, nicht nur ihre sonstigen AGB, sondern auch ihre arbeitsvertraglichen Bestimmungen hinsichtlich etwaiger Formvorgaben zu überprüfen und an die neue Gesetzeslage anzupassen. Mit Blick auf die praktische Bedeutung wirksamer Ausschlussfristen sollten in ab dem 01.10.2016 abzuschließenden Arbeitsverträgen Ausschlussklauseln stets nur eine Anspruchsgeltendmachung in Textform beinhalten. Auch bei künftigen Änderungsverträgen sollte vorsorglich sogleich eine Anpassung der Ausschlussklauseln vorgenommen werden. Schließlich ist im vorliegenden Zusammenhang eine aktuelle Entscheidung des BAG (Urteil vom 24.08.2016 – 5 AZR 703/15) zu beachten, in welcher das BAG ausweislich der bislang nur vorliegenden Pressemitteilung (Nr. 44/16) für auf dem AEntG basierende Mindestentgelte entschieden hat, dass eine arbeitsvertragliche Ausschlussfristenregelung, die auch das Mindestentgelt nach § 2 PflegeArbbV erfasst, gegen § 9 Satz 3 AEntG verstößt und unwirksam ist. Obgleich diese Entscheidung angesichts der anders gefassten Regelung des § 3 Satz 1 MiLoG nicht ohne Weiteres auf den allgemeinen gesetzlichen Mindestlohn übertragbar ist, empfiehlt es sich im Transparenzsinne, in einer arbeitsvertraglichen Ausschlussklausel vorsorglich deren Nichtgeltung für gesetzliche Mindestentgeltansprüche mit aufzunehmen.

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