Die Inflationsausgleichsprämie, welche bis zu einem Betrag von EUR 3.000,00 steuer- und sozialversicherungsfrei – also netto – von Unternehmen an ihre Mitarbeitenden ausgezahlt werden kann, ist gerade in aller Munde. Bei der Inflationsausgleichsprämie handelt es sich um eine freiwillige Leistung, mit welcher die gesteigerten Lebenshaltungskosten teilweise kompensiert werden sollen. Ob ein Unternehmen frei in seiner Entscheidung ist, nicht allen Mitarbeitenden diese Prämie zu gewähren, hatte unlängst das Arbeitsgericht Paderborn zu entscheiden (Urteil vom 6. Juli 2023 – 1 Ca 54/23).
Im Streitfall hatte das Unternehmen allen Mitarbeitenden eine Inflationsausfallprämie in Höhe von EUR 1.000,00 gewährt, sofern diese zuvor keine Sonderzahlungen erhalten oder diese klageweise geltend gemacht hatten. Auf Grund der wirtschaftlichen Lage während der Corona-Zeit hatte das Unternehmen seine Mitarbeitenden gebeten, auf die Zahlung von Urlaubs- und Weihnachtsgeld (= Sonderzahlungen) zu verzichten. Ein Großteil der Mitarbeitenden hatte diesem Verzicht zugestimmt und einen etwaigen Anspruch auch nicht eingeklagt, andere Mitarbeitende hatten die Sonderzahlung gerichtlich geltend gemacht, so auch die klagende Arbeitnehmerin.
Die klagende Arbeitnehmerin hatte für die Kalenderjahr 2020 und 2021 Sonderzahlungen in Höhe von insgesamt EUR 3.700,00 brutto erhalten. Für das Kalenderjahr 2022 hatte die Arbeitnehmerin eine Sonderzahlung in Höhe von EUR 1.036,81 brutto gegenüber dem Unternehmen eingeklagt. Nachdem das Unternehmen die Zahlung geleistet hatte, wurde der Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt.
Im September 2022 wurden die Mitarbeitenden sodann von dem Unternehmen informiert, dass alle diejenigen Mitarbeitenden, die keine Sonderzahlungen erhalten haben, auf Grund der gestiegenen Inflation im Dezember 2022 eine Inflationsausgleichsprämie in Höhe von EUR 1.000,00 netto (bzw. anteilig bei Teilzeit) bekämen. Da die Arbeitnehmerin zuvor Sonderzahlungen erhalten hatte, erhielt sie keine Inflationsausgleichsprämie, weshalb sie diese wiederum gegenüber dem Unternehmen einklagte.
Im Verfahren vor dem Arbeitsgericht Paderborn berief sich die Arbeitnehmerin zum einen auf den allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz und zum anderen auf das Maßregelverbot, weil sie nicht auf Sonderzahlungen verzichtete.
Das Arbeitsgericht Paderborn verneinte einen Anspruch der Arbeitnehmerin auf Zahlung der Inflationsausgleichsprämie. Das Gericht sah weder einen Verstoß gegen den allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz noch gegen das Maßregelverbot.
Ein Ausgleich der inflationsbedingten Teuerungsrate müsse nicht allen Mitarbeitenden gleichermaßen gewährt werden, wenn ein sachlicher Grund für die Differenzierung bestünde. Das Unternehmen bezwecke mit der Beschränkung der Gewährung auf eine bestimmte Arbeitnehmergruppe, dass diejenigen Mitarbeitenden, welche in der Vergangenheit auf Urlaubs- und Weihnachtsgeld verzichteten, eine Angleichung an die Arbeitsbedingungen derjenigen Mitarbeitenden bekämen, welche Sonderzahlungen erhielten. Dies sei aus Sicht des Gerichts ein sachlicher Grund, der eine Differenzierung rechtfertige.
Auch einen Verstoß gegen das von der Arbeitnehmerin vorgebrachte Maßregelverbot sah das Arbeitsgericht Paderborn nicht als gegeben an. Der fehlende Verzicht auf Sonderzahlungen sei nicht kausal für den Ausschluss der Arbeitnehmerin von der Zahlung der Inflationsausgleichsprämie. Die Inflationsausgleichsprämie sei auf Grund der gestiegenen Inflation gewährt worden und nicht als Reaktion auf den Verzicht auf Sonderzahlungen.
Die Entscheidung des Arbeitsgerichts Paderborn zeigt, dass Unternehmen in gewissen Grenzen frei in ihrer Entscheidung sind, wem und in welcher Höhe sie Mitarbeitenden die freiwillige Inflationsausgleichsprämie zahlen. Allerdings darf die ungleiche Behandlung von Mitarbeitenden nicht aus unsachlichen und sachfremden Gründen erfolgen. In einem arbeitsgerichtlichen Verfahren muss das Unternehmen die Gründe und die sachlichen Kriterien offenlegen und durch Tatsachen belegen können. Dies sollten Unternehmen bei ihrer Entscheidung berücksichtigen.
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