Sachverhalt
Die Klägerin war bei dem beklagten Marketing-Unternehmen seit Juni 2019 beschäftigt. Neben einem Bruttomonatsgehalt in Höhe von zuletzt EUR 2.400,00 vereinbarten die Parteien, dass die Klägerin Anspruch auf monatliche Provisionszahlungen haben solle, welche sich an den erfolgreichen Geschäftsabschlüssen des jeweiligen Monats orientierten. Die Provision war dabei zunächst in Euro zu ermitteln, jedoch sollte die „Auszahlung“ im Anschluss durch die Übertragung einer dem jeweils aktuellen Euro-Wert entsprechenden Anzahl an Einheiten der Kryptowährung „Ether“ („ETH“) erfolgen. Gleichwohl erfolgte während des Arbeitsverhältnisses zu keinem Zeitpunkt eine Übertragung von ETH an die Klägerin und auch eine Abrechnung der Provisionsansprüche unterblieb. Das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien endete zum 31. Dezember 2021.
Mit der letzten Gehaltsabrechnung zahlte die Beklagte an die Klägerin insoweit einen Betrag in Höhe von EUR 15.166,16 brutto aus und war der Ansicht, hierdurch sämtliche Provisionsansprüche erfüllt zu haben. Eine Übertragung von ETH erfolgte nicht. Zwischenzeitlich ergab sich, dass der Wert von ETH zu den damaligen Ausgabewerten stark angestiegen war. Gerade vor diesem Hintergrund war die Klägerin der Auffassung, die Beklagte schulde die Übertragung von ETH anstelle der Auszahlung eines Euro-Betrags. Sie erhob vor dem Arbeitsgericht Karlsruhe Zahlungsklage, mit welcher sie unter anderem die Übertragung von zunächst 64,315 ETH begehrte.
Neben dem Erfüllungseinwand berief sich die Beklagte darauf, dass § 107 Abs. 1 der Gewerbeordnung („GewO“), wonach die Zahlung von Arbeitsentgelt in Euro erfolgen müsse, eine Erfüllung in Kryptowährung nicht zulasse und die Provisionsvereinbarung daher unwirksam sei.
Sowohl vor dem Arbeitsgericht als auch in der Berufungsinstanz wurde der geltend gemachte Anspruch der Klägerin dem Grunde nach bejaht. Das LAG Baden-Württemberg verurteilte die Beklagte zuletzt, 19,194 ETH-Einheiten an die Klägerin zu übertragen.
Entscheidung
In der Sache bejahte der 10. Senat des BAG die Möglichkeit, einen Teil des Arbeitsentgelts statt in Euro durch die Übertragung von Kryptowährung zu leisten.
Das BAG stellte zunächst klar, dass es sich bei Kryptowährungen wie ETH nicht um Geld handle, und entsprechende Vereinbarungen daher nicht unter § 107 Abs. 1 GewO fielen. Allerdings handele es sich um einen Sachbezug im Sinne des § 107 Abs. 2 Satz 1 GewO, sodass sie als Teil des Arbeitsentgelts vereinbart werden könnten – sofern dies im Interesse der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer liege. Diese Voraussetzung sah das Gericht als erfüllt an.
Gleichzeitig äußerte sich das BAG auch zu den Grenzen einer solchen Vereinbarung. Da nach § 107 Abs. 2 Satz 5 GewO der Wert der vereinbarten Sachbezüge nicht „die Höhe des pfändbaren Teils des Arbeitsentgelts“ übersteigen dürfe, müsse jedenfalls der unpfändbare Teil des Gehalts zwingend in Geld ausgezahlt werden. Das BAG erkannte an, dass mit der vorliegenden Provisionsvereinbarung schließlich zwischen den Parteien festgelegt wurde, dass die Provision als Sachbezug in ETH zu gewähren war. Folglich war der Provisionsanspruch noch nicht erfüllt. Gelten ließ das BAG auch den Einwand der Beklagten nicht, nach der eine jetzige Zuteilung von ETH unter Zugrundelegung des seinerzeitigen Wertes nach heutigen Maßstäben sehr viel wertvoller sei, da inzwischen der Kurs von ETH stark angestiegen war. So entsprach etwa der Wert der der Klägerin hier zugesprochenen 19,194 ETH-Einheiten zum Zeitpunkt ihres Entstehens einem Euro-Betrag im Bereich von ca. EUR 2.500,00 – 4.000,00, bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses hingegen einem Euro-Betrag von rund EUR 61.400,00 und damit mehr als dem Fünfzehnfachen. Hätte sich die Beklagte vertragsgerecht verhalten, wären die ETH entsprechend früher zugeteilt worden und damit zu einem Zeitpunkt, zu welchem eine Einheit günstiger zu erstehen gewesen wäre.
Die Aufhebung der Entscheidung des LAG Baden-Württemberg sowie die Zurückverweisung an selbiges nahm das BAG lediglich deswegen vor, da die Vorinstanz die einschlägigen Pfändungsgrenzen fehlerhaft berechnet und insoweit auch nicht alle entscheidungserheblichen Feststellungen getroffen hatte, sodass dem BAG selbst eine Sachentscheidung nicht möglich war.
Praxistipp für Arbeitgeber
Die Entscheidung zeigt, dass Teile der Arbeitsvergütung auch in Form von Kryptowährungen gewährt werden können, soweit dies im Einzelfall interessengerecht ist und im Einklang mit § 107 GewO – insbesondere bezüglich der Pfändungsfreigrenzen – steht. Aus Arbeitgebersicht sollte hiervon gleichwohl zurückhaltend Gebrauch gemacht werden. Gegebenenfalls sollten dringend unmissverständliche Regelungen zum Fälligkeitszeitpunkt der Ansprüche sowie zum heranzuziehenden Wechselkurs getroffen werden. Andernfalls bestehen wegen der erheblichen Kursschwankungen von Kryptowährungen nicht zu überblickende Risiken.
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