Arbeitnehmer haben gegen ihren Arbeitgeber einen Anspruch auf Auskunft über sämtliche personenbezogene Daten, die der Arbeitgeber verarbeitet (Art. 15 Abs. 3 S.1 DSGVO). Dieser Anspruch umfasst u.a. die Angabe der Verarbeitungszwecke, der Empfänger der Daten und der Speicherdauer. Der Systematik der Datenschutz-Grundverordnung folgend, hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer zudem eine Kopie der Daten zur Verfügung zu stellen.

Die Reichweite des durch Einführung der Datenschutz-Grundverordnung völlig neu gestalteten Anspruchs auf Auskunft und Erteilung einer Datenkopie ist durch die Rechtsprechung jedoch noch nicht geklärt. Insbesondere der Umfang der Datenkopien bereitet in der Praxis ganz besonders im Beschäftigungskontext große Probleme. Nahezu alle Dokumente, welche im Beschäftigungskontext erstellt, verarbeitet und gespeichert werden, enthalten personenbezogene Daten. So auch beispielsweise E-Mails, die die Beschäftigten senden und empfangen. Bedeutet dies somit, dass der Arbeitnehmer ggf. einen Anspruch auf eine (vollständige) Kopie der gesendeten und empfangenen E-Mails geltend machen kann? Wie verhält es sich mit personenbezogenen Daten Dritter, die in diesen E-Mails vorhanden sein können? Bisher ist eine höchstrichterliche Umgrenzung des Anspruchsumfangs nicht erfolgt.

Nun lag die Problematik erstmalig dem Bundesarbeitsgericht vor und der zweite Senat hatte die Möglichkeit, am 27. April 2021 hierüber zu entscheiden. Im zugrundeliegenden Sachverhalt ging ein in der Probezeit gekündigter Arbeitnehmer (Wirtschaftsjurist) in der Hauptsache gegen seine Kündigung vor. Als Datenschutzbeauftragter genoss er einen Sonderkündigungsschutz, vergleichbar mit dem Kündigungsschutz eines Mitglieds des Betriebsrats (§ 6 Abs. 4 S.2 BDSG). Neben der Geltendmachung von Kündigungsschutz machte er einen Auskunftsanspruch aus Art. 15 DSGVO über die beim Arbeitgeber gespeicherten, ihn betreffenden personenbezogenen Daten geltend und verlangte überdies Kopien dieser Daten. Das ArbG Hameln wies am 26. Juni 2019 die (zusätzlich) auf Erteilung einer Datenkopie gerichtete Klage des Arbeitnehmers ab . Das Landesarbeitsgericht Niedersachsen gab der Berufung des klagenden Arbeitnehmers dann allerdings am 9. Juni 2020 teilweise statt. Es nahm an, dass der Kläger einen Anspruch auf Erteilung einer Kopie seiner personenbezogenen Daten habe, und zwar auf sämtliche Daten, auf deren Herausgabe auch das Auskunftsbegehren des Arbeitnehmers gerichtet war. Dieser Anspruch auf Erteilung einer Datenkopie erstrecke sich, so das LAG, jedoch nicht auf die verlangten Kopien seines E-Mail-Verkehrs oder sonstiger Emails, die ihn namentlich erwähnen. Das LAG sieht in sieht diesen keine personenbezogenen Daten iSv Art. 15 DSGVO, denn Art. 15 DSGVO beziehe sich auf Daten, die „Gegenstand der Verarbeitung“ sind, die also einen gewissen Grad an Aussagekraft über die betroffene Person bieten. Laut Erwägungsgrund 63 zur DSGVO kann der Verantwortliche, also hier der Arbeitgeber, eine Präzisierung der verlangten Informationen oder Verarbeitungsvorgänge durch den Betroffenen, also den Arbeitnehmer, verlangen, wenn große Mengen an Informationen über die betroffene Person verarbeitet werden und muss, so das LAG, nicht wahllos Kopien erstellen. Zudem beschränke sich der Auskunftsanspruch auf solche Dokumente, die dem Auskunftsersuchenden nicht bereits vorliegen. Der eigene E-Mail-Verkehr sei dem Arbeitnehmer jedoch bereits bekannt und ein Anspruch auf Erteilung einer Kopie bereits aus diesem Grunde nicht gegeben. Überdies darf nicht vergessen werden, dass E-Mails auch personenbezogene Daten Dritter enthalten können, auf die der Arbeitnehmer keinesfalls einen Anspruch hat und deren Herausgabe Rechte Dritter verletzen können. Hier müsste der Arbeitgeber jede einzelne E-Mail kontrollieren und ggf. von solchen Daten bereinigen.

Die Revision des klagenden Arbeitnehmers hat das Bundesarbeitsgericht im Ergebnis als unzulässig zurückgewiesen. Dies allerdings aus rein prozessualen Gründen, da der Klageantrag nicht hinreichend bestimmt sei.

Die allgemein erhoffte, höchstrichterliche Klärung bezüglich der Reichweite des Anspruchs auf eine Datenkopie in der Sache ist somit nicht erfolgt. Allerdings hat das BAG klargestellt, dass ein Antrag, der lediglich den Wortlaut der DSGVO wiederholt, dem Bestimmtheitsgrundsatz aus § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO nicht entspricht. Vielmehr müssen die Dokumente, wie beispielsweise E-Mails, von denen eine Kopie zur Verfügung gestellt werden soll, im Antrag so genau bezeichnet werden, dass in einem möglicherweise erforderlichen Vollstreckungsverfahren unzweifelhaft ist, auf welche konkreten Dokumente sich die Verpflichtung zur Herausgabe bezieht. Für den Fall, dass ein derart bestimmter Antrag (noch) nicht gestellt werden kann, weil beispielsweise unklar ist, welche Dokumente konkret bei dem Arbeitgeber vorhanden sind, kann das Begehren im Wege der Stufenklage nach § 254 ZPO gerichtlich geltend gemacht werden. In diesem Fall muss der Arbeitnehmer zunächst einen Auskunftsanspruch geltend machen und dann nach erteilter Auskunft ein konkretes Herausgabegesuch formulieren.

Somit können sich Arbeitgeber nach wie vor nicht auf eine höchstrichterliche Rechtsprechung zum Umfang und zur Einschränkung des datenschutzrechtlichen Auskunftsanspruches beziehen. Sie können und sollten vor diesem Hintergrund unter Beachtung der gesetzlichen Vorgaben der DSGVO eine Einschränkung des Auskunftsanspruches gestalten. In dieser Hinsicht bietet die DSGVO einigen Gestaltungsspielraum, der uneingeschränkt genutzt werden kann und sollte. Arbeitgeber sollten Auskunftsansprüche daher nicht “auf die leichte Schulter nehmen”, sondern diese Anfragen aktiv mitgestalten. Gerne beraten wir Sie auch hierzu.

Foto: Shutterstock / Rawpixel.com

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