Wie das Bundesarbeitsgericht bereits in seinem Urteil vom 11. Juli 2013 klargestellt hat (Az.: 2 AZR 994/12), können Arbeitnehmer aber nicht grundlos „Kuschelzeugnisse“ verlangen, sondern müssen im Streitfall für gute oder sehr gute Zeugnisse überdurchschnittliche Leistungen darlegen und beweisen. Gelingt dies nicht, bleibt es bei Formulierungen wie „stets zur Zufriedenheit“ oder „zur vollen Zufriedenheit“, die im Zeugnisrecht als Ausdruck durchschnittlicher Leistung gelten.

Daran hat sich nach einer jüngeren Entscheidung des LAG Mecklenburg-Vorpommern nichts geändert, obwohl statistisch gesehen „gute Zeugnisse“ der Standard zu sein scheinen.

Hintergrund

In dem vom LAG Mecklenburg-Vorpommern am 2. Juli 2024 entschiedenen Fall (Az.: 5 Sa 108/23) stritten Arbeitnehmer und Arbeitgeber um die Erteilung eines neuen qualifizierten Arbeitszeugnisses mit besserer Leistungs- und Verhaltensbeurteilung.

Der Arbeitgeber hatte dem Arbeitnehmer ein Zeugnis mit der Formulierung „stets zu unserer Zufriedenheit“ erteilt, was einer durchschnittlichen Bewertung entspricht. Hiermit war der Arbeitnehmer nicht zufrieden. Er war der Ansicht, seine Leistungen würden eine „gute“ Benotung mit der entsprechenden Formulierung „stets zu unserer vollen Zufriedenheit“ rechtfertigen. Dies begründete er wie folgt: Seine dienstlichen Aufgaben habe er vollumfänglich umgesetzt und die Bewertung der Note „gut“ sei schon deshalb gerechtfertigt, weil eine gute Leistung regelmäßig dem Durchschnitt entspreche.

Die Arbeitgeberin bestritt, dass das Arbeitsverhältnis in den vergangenen Monaten beanstandungsfrei gewesen sei.

Gerichtsentscheidung

Das LAG Mecklenburg-Vorpommern bestätigte die Entscheidung des Arbeitsgerichts, das die Klage erstinstanzlich abgewiesen hatte. Der Arbeitnehmer hat keinen Anspruch auf Erteilung eines neuen qualifizierten Arbeitszeugnisses mit einer besseren Leistungs- und Verhaltensbeurteilung

Insbesondere bestehe kein gesetzlicher Anspruch auf ein gutes oder sehr gutes Zeugnis, sondern lediglich ein Anspruch auf ein leistungsgerechtes Zeugnis. Erteilt der Arbeitgeber ein Zeugnis, das eine durchschnittliche oder befriedigende Leistung bescheinigt, trägt der Arbeitnehmer die Darlegungs- und Beweislast für die Tatsachen, die eine überdurchschnittliche Beurteilung rechtfertigen sollen. Erteilt der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer dagegen ein Zeugnis, das nur eine ausreichende oder noch schlechtere Beurteilung enthält, trägt der Arbeitgeber die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass er damit den Zeugnisanspruch des Arbeitnehmers erfüllt hat.

Hier ist es dem Arbeitnehmer nicht gelungen, zur Überzeugung des LAG darzulegen, dass seine Leistungen besser als durchschnittlich gewesen sind.

Praxistipp

Trennen sich Arbeitgeber im Unfrieden von einem Arbeitnehmer und möchten bei befriedigender oder schlechterer Leistung keine überdurchschnittliche Bewertung ausstellen, können und sollten sie sich bewusst dazu entscheiden, ein Zeugnis mit einer nur durchschnittlichen Bewertung zu formulieren. Das hält im Zweifel vor Gericht und macht verbotene Geheimzeichen o.ä., die gerichtlich angreifbar sind, hinfällig. Auf die aus Sicht der Arbeitnehmer übliche Schlussformel mit Dank, Bedauern und guten Wünschen darf zudem verzichtet werden. Auch wenn der Arbeitgeber wohlwollend formulieren soll, muss er nicht danken und bedauern, wenn er nicht danken möchte und nicht bedauert.

Die Statistik wird dies möglicherweise nur wenig ändern, da Arbeitnehmer häufig unverdient erscheinende Bewertungen im Rahmen von Aufhebungsgesprächen heraushandeln.

Foto: shutterstock / Orathai Mayoeh

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