Das Gericht kam dabei zu der Erkenntnis, dass die Vereinbarung einer Probezeit von maximal 50 % der voraussichtlichen Dauer des befristeten Arbeitsverhältnisses – bis zur gesetzlich vorgegebenen Obergrenze einer 6-monatigen Probezeit – stets als zulässig anzusehen sei.

Mittlerweile wurde auch die Urteilsbegründung im Volltext veröffentlicht. Obwohl eine abschließende Klärung der Problematik durch das Bundesarbeitsgericht noch aus- und ein gewisses Restrisiko bis dahin fortbestehen mag, möchten wir dies dennoch zum Anlass nehmen, im Folgenden einen Blick auf die Entscheidung des LAG Schleswig-Holstein und die sich daraus ergebenden Konsequenzen für die Praxis zu werfen:

Hintergrund

Auch bei der Begründung befristeter Arbeitsverhältnisse kann eine Probezeit vereinbart werden, während derer das Arbeitsverhältnis von beiden Parteien mit einer verkürzten Kündigungsfrist von lediglich 14 Tagen gekündigt werden kann. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die Möglichkeit der ordentlichen Kündigung trotz Befristung ausdrücklich arbeitsvertraglich vereinbart wurde. Seit August 2022 verlangt das Gesetz – genauer § 15 Abs. 3 Teilzeit- und Befristungsgesetz – insoweit jedoch, dass die vereinbarte Probezeit in einem angemessenen Verhältnis „zu der erwarteten Dauer der Befristung und der Art der Tätigkeit“ stehen muss. Aufgrund dieser sehr vagen Formulierung des Gesetzestextes bestand und besteht seit in Kraft treten der Neuregelung eine gewisse Unsicherheit auf Arbeitgeberseite. Denn wer kann schon mit Sicherheit sagen, was der Gesetzgeber und – in der Praxis viel wichtiger – die Rechtsprechung unter diesem Merkmal verstehen würde? Jene Unsicherheit führte in den vergangenen knapp zwei Jahren dazu, dass Arbeitgeber – frei nach dem Motto „Vorsicht ist besser als Nachsicht“ – bei der Begründung befristeter Arbeitsverhältnisse eine äußerst geringe Probezeit vereinbarten oder gleich ganz auf eine solche verzichteten.

Dankenswerter Weise hat sich mit dem LAG Schleswig-Holstein nun erstmals ein Landesarbeitsgericht aus der Deckung gewagt und ein wenig Licht ins Dunkel gebracht.

Das Urteil

Mit Urteil vom 18. Oktober 2023 (Az.: 3 Sa 81/23) entschieden die Kieler Richterinnen und Richter, dass eine Probezeit, welche maximal die Hälfte der Befristungsdauer umfasse, stets als angemessen anzusehen und damit wirksam sei. Nur wenn diese Grenze überschritten werde, entfalte die zweite gesetzlich vorgesehene Voraussetzung überhaupt erst Relevanz. Eine Auseinandersetzung mit der Frage, ob die vereinbarte Länge der Probezeit auch zu der „Art der Tätigkeit“ in einem angemessenen Verhältnis stehe, werde folglich erst dann erforderlich, wenn die vereinbarte Probezeit mehr als 50% der voraussichtlichen Vertragslaufzeit umfasse.

Konkret bedeutet dies: Die Hälfte der vertraglich vereinbarten Befristungsdauer als Probezeit zu vereinbaren, ist – bis zu einer maximalen Dauer von 6 Monaten – immer angemessen im Sinne des Gesetzes und folglich zulässig. In Ausnahmefällen kann aber auch eine mehr als 50% der Laufzeit umfassende Probezeit angemessen sein, wenn die „Art der Tätigkeit“ dies erforderlich macht. In welchen Fällen eine solche längere Probezeit aufgrund der Art der Tätigkeit als angemessen zu bewerten sei, konnte das LAG Schleswig-Holstein in der Entscheidung aber offenlassen, sodass in diesem Hinblick eine gewisse Rechtsunsicherheit fortbesteht.

Praxishinweis

Arbeitgeber sollten diese Entscheidung zum Anlass nehmen, Probezeitklauseln in ihren befristeten Arbeitsverträgen einer kritischen Prüfung zu unterziehen. Bei einer Befristungsdauer von mindestens 12 Monaten kann – jedenfalls aus Sicht des LAG Schleswig-Holstein – die maximal zulässige Probezeitdauer von 6 Monaten vereinbart werden. Bei einer kürzeren Befristungsdauer sollte die Probezeit hingegen maximal 50 % der Vertragslaufzeit umfassen. Dies gilt auch dann, wenn bereits zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses absehbar ist, dass eine Verlängerung der Befristung aller Voraussicht nach erfolgen wird. Insoweit ist der Gesetzestext, der von der „zu erwartenden Dauer“ spricht, missverständlich. Möchten Arbeitgeber hingegen eine längere Probezeit vereinbaren, sollte zuvor anwaltlicher Rat eingeholt werden. Denn wann eine Probezeit in angemessenem Verhältnis zur Art der Tätigkeit steht, ist weiterhin ungeklärt, sodass insoweit auch künftig Fallstricke lauern, die es möglichst zu umschiffen gilt.

Jedenfalls bis zu einer Entscheidung durch das Bundesarbeitsgericht – die entsprechende Revisionsverhandlung findet voraussichtlich am 5. Dezember 2024 statt – sollten Arbeitgeber im Zweifel weiterhin einen eher vorsichtigen Ansatz wählen.

Über die weiteren Entwicklungen zu dieser Thematik halten wir Sie selbstverständlich auf dem Laufenden.

Foto: Shutterstock / fizkes

Verfasser

Topics


Zeige weitere Artikel

Melden Sie sich für unseren Newsletter an!

Jetzt anmelden