Hintergrund
Im entschiedenen Fall war die Arbeitnehmerin als Advisor I, Customer Service befristet für ein Jahr angestellt. Arbeitsvertraglich hatten die Parteien eine Probezeit von vier Monaten vereinbart, während der das Arbeitsverhältnis mit einer zweiwöchigen Kündigungsfrist gekündigt werden konnte. Die Arbeitgeberin kündigte das Arbeitsverhältnis während der Probezeit ordentlich unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von zwei Wochen. Die Arbeitgeberin hatte einen detaillierten Einarbeitungsplan mit drei verschiedenen Phasen von insgesamt 16 Wochen aufgestellt.
Die Arbeitnehmerin erhob Kündigungsschutzklage vor dem Arbeitsgericht Berlin. Sie machte geltend, die Probezeit sei unverhältnismäßig lang, weshalb ihr nur unter Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfrist nach § 622 Abs. 1 BGB (also vier Wochen zum 15. oder Ende eines Monats) gekündigt werden könne. Jedenfalls bedürfe die Kündigung der sozialen Rechtfertigung, weil die Wartezeit des § 1 Abs. 1 KSchG nur so lang sein könne, wie eine zulässig vereinbarte verhältnismäßige Probezeit, die vorliegend mit drei Monaten anzusetzen sei.
Das Arbeitsgericht Berlin sah die vereinbarte Probezeit als unverhältnismäßig an und gab der Klage insoweit statt; im Übrigen wurde die Klage abgewiesen. Auch das Landesarbeitsgericht (LAG) Berlin-Brandenburg hielt die viermonatige Probezeit für unverhältnismäßig, da diese den „Regelwert“ von 25 % der Befristungsdauer übersteige. Die Kündigung unter Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfrist des § 622 Abs. 1 BGB hielt das BAG für wirksam.
Entscheidung des BAG
Die Revision der Arbeitnehmerin, die eine vollständige Unwirksamkeit der Kündigung geltend machte, blieb erfolglos. Die Anschlussrevision der Arbeitgeberin war erfolgreich und das BAG hat die Klage insgesamt abgewiesen.
Nach Auffassung des BAG gibt es für die Dauer der Probezeit bei befristeten Arbeitsverhältnissen keinen starren Regelwert von 25 % der Befristungsdauer. Für die Verhältnismäßigkeit der Probezeit kommt es vielmehr auf eine Gesamtabwägung der Umstände des Einzelfalls an, die insbesondere die Art der Tätigkeit und die erwartete Dauer der Befristung zu berücksichtigen hat. Im entschiedenen Fall hat das BAG angesichts des von der Arbeitgeberin aufgestellten Einarbeitungsplans von 16 Wochen eine Probezeit von vier Monaten als verhältnismäßig erachtet.
Zudem stellte das BAG klar, dass selbst bei Vereinbarung einer unverhältnismäßig langen und daher unzulässigen Probezeit die sechsmonatige Wartezeit nach § 1 Abs. 1 KSchG auch bei befristeten Arbeitsverträgen unberührt bleibt. Das bedeutet, dass ein befristetes Arbeitsverhältnis auch bei einer unzulässigen Probezeit innerhalb der ersten sechs Monate ohne Vorliegen eines Kündigungsgrundes im Sinne des KSchG gekündigt werden kann.
Ausblick
Die Entscheidung des BAG stellt keine Überraschung dar, auch wenn sich die Praxis im Sinne der Rechtssicherheit feste Regelwerte wünschen würde. Solche stehen allerdings nicht im Gesetz, so dass es wie im Gesetz vorgesehen auf den Einzelfall, insbesondere Befristungsdauer und Art der ausgeübten Tätigkeit, ankommt. Als erste Orientierung kann man die 25 %-Marke sicherlich weiterhin verwenden, muss sie aber nach den Umständen des Einzelfalls nach unten (z.B. bei sehr einfachen Tätigkeiten, die keine oder nur eine kurze Einarbeitung erfordern) oder oben (komplexere Tätigkeiten, längere Einarbeitungsdauer) korrigieren. Im Ergebnis ist das Risiko für Arbeitgeber auch überschaubar, denn es bedarf vor Ablauf der 6-monatigen Wartezeit i.S. v. § 1 Abs. 1 KSchG keines Kündigungsgrundes.