Im Folgenden informieren wir Sie über aktuelle arbeitsrechtliche Entwicklungen und Themen, die in der bevorstehenden kalten Jahreszeit von besonderer Relevanz sein dürften. Zu wiederkehrenden Themen rund um Corona-Pandemie und Resturlaub gesellen sich in diesem Jahr auch die Auswirkungen der aktuellen Energiekrise hinzu.

Inflationsausgleichsprämie

Seit Anfang des Jahres befinden sich die Verbraucherpreise – im Speziellen die Kosten für Energie – auf einem ungeahnten Höhenflug. Um die gestiegenen finanziellen Belastungen abzufedern, hat der Gesetzgeber für Arbeitgeber die Möglichkeit geschaffen, ihren Beschäftigten steuer- und sozialabgabenfreie Prämienzahlungen zugutekommen zu lassen. Bis zum 31. Dezember 2024 können Sonderzahlungen von bis zu 3.000,00 € ausgeschüttet werden, ohne dass hierfür die üblichen Lohnnebenkosten anfallen (wir berichteten). Es handelt sich dabei um freiwillige Leistungen, ein arbeitnehmerseitiger Anspruch auf eine solche Sonderzahlung besteht grundsätzlich nicht. Voraussetzung für die Steuer- und Abgabenfreiheit ist aber, dass die Prämie zusätzlich zu dem ohnehin geschuldeten Arbeitslohn gezahlt wird mit der Zielsetzung, die inflationsbedingten Preissteigerungen auszugleichen. Dies sollte z.B. durch entsprechenden Hinweis auf der Lohnabrechnung dokumentiert werden. Bis zur Höhe von maximal 3.000,00 €  ist sowohl eine Einmalzahlung als auch eine Zahlung in Teilbeträgen möglich. Alternativ können auch Sachbezüge in entsprechender Höhe gewährt werden.

Wichtig: Wenn Arbeitgeber sich zur Gewährung von Inflationsausgleichsprämien an ihre Belegschaft entscheiden, müssen sie dabei den Gleichbehandlungsgrundsatz beachten. D.h. falls Teile der Belegschaft von der Zahlung ausgenommen oder niedrigere Prämien bekommen sollen, muss es hierfür eine sachliche Rechtfertigung geben. Anderenfalls können zu Unrecht benachteiligte Beschäftigte u.U. zusätzliche Zahlungsansprüche geltend machen.

Temperaturen am Arbeitsplatz

Die gestiegenen Energiepreise belasten jedoch nicht nur die Beschäftigten, sondern auch Arbeitgeber sehen sich dadurch zusätzlichen finanziellen Belastungen ausgesetzt. Um diesen entgegenzuwirken, liegt es nahe, den höheren Preisen mit einem niedrigeren Energieverbrauch entgegenzutreten – also letztlich auch weniger zu heizen. Doch wie kalt darf, wie warm muss es etwa in Büroräumen sein?

Vorgaben dazu macht der Arbeitsschutz. Die Arbeitsstättenverordnung verlangt etwa „gesundheitlich zuträgliche Raumtemperaturen„. Konkretisiert wird dies durch die „Technischen Regeln für Arbeitsstätten – Raumtemperatur„. Darin ist für „leichte Tätigkeiten“, die ganz überwiegend im Sitzen erfolgen – also für den klassischen Bürojob – grundsätzlich eine Mindestraumtemperatur von 20° C vorgesehen. Durch eine aktuelle Änderung der Energiesparverordnung besteht nun jedoch, befristet bis zum 28. Februar 2023, die Möglichkeit, diese Mindesttemperatur um 1° C zu unterschreiten. Büroräume müssen also nur noch auf mindestens 19° C beheizt werden. Für öffentliche Arbeitgeber stellt diese Mindesttemperatur zugleich auch die Obergrenze dar. Privaten Arbeitgebern steht dagegen frei, ihre Büroräume auch weiterhin mit höheren Temperaturen zu beheizen.

Corona-Arbeitsschutzverordnung und Home Office

Rechtzeitig zur kalten Jahreszeit ist am 1. Oktober eine aktualisierte Corona-Arbeitsschutzverordnung in Kraft getreten. Anders als in der Vorgängerregelung ist darin aber keine explizite Home Office-Pflicht mehr vorgesehen (wir berichteten). Arbeitgeber müssen im Rahmen der von ihnen durchzuführenden Gefährdungsbeurteilung nur noch prüfen, ihren Beschäftigten das Angebot zu machen, geeignete Tätigkeiten in ihrer Wohnung auszuführen, wenn dem keine betriebsbedingten Gründe entgegenstehen. Es besteht mithin kein gesetzlicher Anspruch der Arbeitnehmenden, ihre Arbeitsleistung im Home-Office zu erbringen. Damit fehlt es jedoch auf Arbeitgeberseite gleichzeitig an der Möglichkeit, die Beschäftigten ohne gesonderte arbeitsvertragliche Grundlage zur Home Office-Tätigkeit zu verpflichten.

Bleibt die aktuelle Corona-Arbeitsschutzverordnung beim Thema Home-Office also hinter ihren Vorgängern zurück, so führt sie doch gleichwohl viele bekannte Maßnahmen wieder ein (wir berichteten).

Wie auch im vergangenen Herbst und Winter müssen Arbeitgeber im Rahmen ihres betrieblichen Hygienekonzeptes geeignete Schutzmaßnahmen zur Vermeidung von Corona-Infektionen prüfen und festlegen. Hierbei kommen weiterhin vor allem die Einhaltung der sogenannten AHA+L-Regeln (Abstand halten, auf Hygiene achten, im Alltag Masken tragen und regelmäßiges Lüften) in Betracht. In diesem Zuge sollen auch betriebsbedingte Personenkontakte reduziert werden, indem etwa nicht mehrere Personen gleichzeitig die jeweiligen Betriebsräume nutzen.

Weiterhin sollen Arbeitgeber das Angebot von kostenlosen Testmöglichkeiten mit Blick auf ihr betriebliches Hygienekonzept prüfen. Eine generelle Pflicht zur Bereitstellung von Testangeboten sieht die Verordnung dagegen nicht vor.

Auch soll die Maskenpflicht wieder überall dort auf der Tagesordnung stehen, wo Maßnahmen zur Eindämmung des Infektionsrisikos nicht oder nicht ausreichend möglich sind, beispielsweise, wenn Mindestabstände arbeitsbedingt nicht eingehalten werden können. In diesen Fällen muss der Arbeitgeber medizinische Masken bereitstellen.

Auch zum Thema Schutzimpfungen enthält die Verordnung bereits bekannte Vorgaben: Mitarbeitende müssen über die Gesundheitsgefahren im Falle einer Corona-Erkrankung aufgeklärt sowie über die Möglichkeit von Schutzimpfungen informiert werden. Der Arbeitgeber hat darüber hinaus dafür Sorge zu tragen, dass Beschäftigte einen Termin für eine solche Impfung auch während der Arbeitszeit wahrnehmen können. Werden Schutzimpfungen durch Betriebsärzte vor Ort durchgeführt, sollen Arbeitgeber diese wieder in personeller und organisatorischer Hinsicht unterstützen.

Telefonische Krankschreibungen

Bereits seit dem 4. August 2022 sind auch wieder telefonische Krankschreibungen möglich. Patienten, die an leichten Atemwegserkrankungen leiden, können wegen des Verdachts auf eine Corona-Infektion telefonisch bis zu sieben Kalendertage krankgeschrieben werden. Zudem ist eine telefonische Verlängerung der Krankschreibung um weitere sieben Tage möglich. Diese Regelung ist momentan bis zum 30. November 2022 befristet, jedoch ist von einer zeitnahen Verlängerung auszugehen. 

Kein automatischer Verfall von Resturlaub

Rechtzeitig zum Jahresende hat auch das Thema Resturlaub noch einmal besondere Relevanz bekommen: In mehreren aktuellen Entscheidungen hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) nochmals unterstrichen, dass (gesetzliche) Urlaubsansprüche nicht automatisch verfallen und auch nicht verjähren können, wenn die Arbeitgeber zuvor nicht ihren Mitwirkungspflichten nachgekommen sind.

Schon in früheren Blogbeiträgen hatten wir über die entsprechende Rechtsprechung berichtet, wonach Urlaubsansprüche der Mitarbeitenden abweichend vom Wortlaut des Bundesurlaubsgesetzes nicht ohne weiteres zum Jahresende bzw. zum 31. März des Folgejahres verfallen. Voraussetzung hierfür ist vielmehr, dass der Arbeitgeber die Mitarbeitenden zuvor konkret über bestehende Urlaubsansprüche sowie deren bevorstehenden Verfall informiert und zur Inanspruchnahme auffordert (wir berichteten). Unterlässt er dies, so geht er das Risiko ein, dass Beschäftigte Urlaubstage über eine längere Dauer ansparen oder bei Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis eine finanzielle Abgeltung von Urlaubsansprüchen auch aus den Vorjahren verlangen. Arbeitgeber sollten die Anzahl der noch offenen Urlaubstage ihrer Beschäftigten nicht aus den Augen zu verlieren um ggfs. aktiv darauf hinzuwirken, dass der Urlaub rechtzeitig in Anspruch genommen wird. Eine aktuelle Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes verstärkt diese Notwendigkeit nochmals (wir berichteten).

Denn nach Ansicht der Luxemburger Richter besteht die Mitwirkungsobliegenheit des Arbeitgebers auch mit Blick auf die Verjährung von Urlaubsansprüchen. Nach geltendem (deutschen) Recht begann die dreijährige Verjährungsfrist für offene Urlaubsansprüche regelmäßig mit dem Schluss des Urlaubsjahres.

Dies sah der EuGH nun jedoch anders und entschied: Voraussetzung (auch) für den Beginn der Verjährungsfrist ist, dass der Arbeitgeber seinen Hinweis- und Mitwirkungsobliegenheiten gegenüber den Beschäftigten nachgekommen und zur Einbringung des Urlaubs aufgefordert hat. Anderenfalls könne er sich später nicht auf die Einrede der Verjährung berufen. Arbeitgeber, die bei Ausscheiden der Mitarbeitenden nicht u.U. erheblichen Resturlaubsabgeltungsforderungen konfrontiert werden wollen, dürften daher gut beraten sein, die Einbringung offener Urlaubstage systematisch nachzuhalten.

Foto: Shutterstock / LilKar

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