Wenn der Arbeitgeber die Beantwortung von Auskunftsbegehren nach § 10 Entgelttransparenzgesetz (EntgTranspG) wirksam an sich zieht, hat der Betriebsrat kein Einsichts- und Auswertungsrecht in Bezug auf die Bruttoentgeltlisten nach § 13 Abs. 2 Satz 1 EntgTranspG. Dies hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) am 28. Juli 2020 festgestellt (1 ABR 6/19).

Nach Ansicht des BAG korrespondiert der Anspruch des Betriebsrats aus § 13 Abs. 2 Satz 1 EntgTranspG mit dem Grundsatz, dass er die individuellen Auskunftsansprüche von Beschäftigten beantworten soll. Nach § 14 Abs. 1 EntgTranspG kann der Arbeitgeber generell oder für bestimmte Fälle die Auskunftserteilung aber an sich ziehen. Tut er dies, so entfällt das Einsichts- und Auswertungsrecht des Betriebsrats nach § 13 Abs. 2 Satz 1 EntgTranspG.

Grund für die Streitigkeit war, dass der Betriebsrat nicht nur Einsicht in die Lohnlisten der Beschäftigten haben wollte, sondern die Überlassung der Listen in einem bestimmten elektronischen Dateiformat forderte. Nach § 80 Abs. 1 Nr. 2 a, Abs. 2 Satz. 2 BetrVG hat der Betriebsrats lediglich ein Einsichtsrecht. Er versuchte daher, über § 13 Abs. 2 Satz 1 EntgTranspG an eine physische Kopie der Lohnlisten zu gelangen.

Einen Anspruch auf Überlassung einer physischen Kopie der Lohnlisten hatten bereits die Vorinstanzen abgelehnt. Diese stützte sich maßgeblich auf den Wortlaut des § 13 Abs. 2 und 3 EntgTranspG, in welchen von „einzusehen“ bzw. „Einblick in die Listen“ die Rede ist. Ein Überlassungsanspruch sei daher aus dem Gesetz nicht erkennbar. Der Betriebsrat könne seiner Verpflichtung zur Auswertung von Entgeltlisten auch durch bloße Einsichtnahme nachkommen. Da die schriftlichen Urteilsgründe des BAG noch nicht vorliegen, bleibt offen, ob sich das höchste Arbeitsgericht der Ansicht der Vorinstanzen anschloss oder die Frage offenließ, weil im vorliegenden Fall ein Einsichts- und Auswertungsrecht letztlich nach den Feststellungen des BAG ohnehin nicht bestand.

Die BAG-Entscheidung vom 28. Juli 2020 zeigt einmal mehr, dass der Arbeitgeber gut beraten ist, die Beantwortung von Auskunftsbegehren nach § 10 EntgTranspG an sich zu ziehen und nicht dem Betriebsrat zu überlassen, z. B. auch um einen Streit über die Überlassung der Bruttoentgeltlisten zu vermeiden.

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