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Die Frage der ordnungsgemäßen Durchführung des Konsultations- und des Anzeigeverfahrens nach § 17 Kündigungsschutzgesetz (KSchG) ist bei Massenentlassungen seit geraumer Zeit ein wesentlicher Streitpunkt im Rahmen von Kündigungsschutzklageverfahren. Hintergrund dessen ist, dass nach der Rechtsprechung des BAG sowohl das Konsultationsverfahren mit dem Betriebsrat nach § 17 Abs. 2 KSchG als auch das in § 17 Abs. 1 i.V.m. Abs. 3 KSchG geregelte Anzeigeverfahren gegenüber der Agentur für Arbeit zwei separat durchzuführende Verfahren und jeweils eigenständige Wirksamkeitserfordernisse für die im Zusammenhang mit einer Massenentlassung ausgesprochenen Kündigungen darstellen (BAG, Urteil vom 21.03.2013 – 2 AZR 60/12; BAG, Urteil vom 20.01.2016 – 6 AZR 601/14). Danach führt nicht nur eine unwirksame Massenentlassungsanzeige – wie etwa im Fall der Nichtbeifügung der Stellungnahme des Betriebsrats nach § 17 Abs. 3 Satz 2 KSchG oder der Nichtglaubhaftmachung der Voraussetzungen des § 17 Abs. 3 Satz 3 KSchG – zur Unwirksamkeit einer Kündigung, sondern grundsätzlich auch ein nicht ordnungsgemäß mit dem Betriebsrat durchgeführtes Konsultationsverfahren nach § 17 Abs. 2 KSchG. Mängel sowohl bei der Massenentlassungsanzeige als auch im Konsultationsverfahren werden auch nicht durch einen späteren Bescheid der Agentur für Arbeit geheilt (BAG, Urteil vom 21.03.2013 – 2 AZR 60/12). Mit der Frage, ob jedoch ausnahmsweise eine abschließende Stellungnahme des Betriebsrats eine fehlerhafte Unterrichtung nach § 17 Abs. 2 KSchG heilen kann, hatte sich das BAG (Urteil vom 09.06.2016 – 6 AZR 405/15) in einem aktuellen Fall zu befassen.

Sachverhalt

Die Klägerin war als Produktionsmitarbeiterin beschäftigt. Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Arbeitgebers beschloss der beklagte Insolvenzverwalter die Betriebsstilllegung. Er unterrichtete den Betriebsrat über die beabsichtigten Kündigungen sämtlicher Arbeitnehmer im Rahmen einer Massenentlassung, teilte jedoch nicht die Berufsgruppen der Arbeitnehmer mit. Am 23.12.2013 wurde mit dem Betriebsrat ein Interessenausgleich abgeschlossen, in welchem der Betriebsrat ausdrücklich bestätigte, dass er vollständig unterrichtet worden und das Konsultationsverfahren nach abschließender Beratung beendet sei. Der Beklagte erstattete sodann eine Massenentlassungsanzeige bei der Agentur für Arbeit und kündigte danach das Arbeitsverhältnis der Klägerin. Mit ihrer Klage wehrt sich die Klägerin gegen die Kündigung. Sie vertritt die Auffassung, dass der Betriebsrat nicht ordnungsgemäß im Sinne des § 17 Abs. 2 KSchG unterrichtet worden und die Kündigung daher wegen fehlerhafter Durchführung des Konsultationsverfahrens unwirksam sei. Die Angaben hinsichtlich der Berufsgruppen hätten dem Betriebsrat zwingend erteilt werden müssen. Sowohl das Arbeitsgericht als auch das LAG Niedersachsen haben die Klage abgewiesen.

Entscheidung

Die Revision der Klägerin vor dem BAG hatte keinen Erfolg. Nach Ansicht des 6. Senats konnte es dahinstehen, ob die fehlende Information über die Berufsgruppen im Fall einer Betriebsstilllegung überhaupt nachteilige Rechtsfolgen für den Arbeitgeber bewirken kann. Die fehlerhafte Unterrichtung sei vorliegend durch die abschließende Stellungnahme des Betriebsrats im Interessenausgleich geheilt worden. Nach § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 und Nr. 3 KSchG müsse sich die Unterrichtung des Betriebsrats im Rahmen des Konsultationsverfahrens auch auf die betroffenen Berufsgruppen beziehen. Bei einer beabsichtigten Entlassung aller Arbeitnehmer wegen der Stilllegung des Betriebs kann eine unterbliebene Unterrichtung über die Berufsgruppen jedoch durch eine abschließende Stellungnahme des Betriebsrats geheilt werden. Dieser – so das BAG – müsse zu entnehmen sein, dass der Betriebsrat seinen Beratungsanspruch als erfüllt ansehe.

Bewertung

Die Entscheidung des BAG, die bislang nur als Pressemitteilung vorliegt, ist zu begrüßen. Das BAG schließt in dieser Entscheidung an seine bisherige Rechtsprechung in den Urteilen vom 20.09.2012 (6 AZR 155/11) und vom 26.02.2015 (2 AZR 955/13) zum Konsultationsverfahren an. Bereits in seiner Entscheidung vom 20.09.2012 hatte das BAG unter Heranziehung des Sinns und Zwecks der § 17 KSchG zugrundeliegenden Massenentlassungsrichtlinie RL 98/59/EG die Heilung eines Verstoßes gegen das formale Schriftformerfordernis des § 17 Abs. 2 Satz 1 KSchG durch eine abschließende Stellungnahme des Betriebsrats für zulässig erachtet. Zu beachten gilt, dass die Möglichkeit einer Heilung von Unterrichtungsfehlern nur bei einer abschließenden Stellungnahme des Betriebsrats besteht, der zu entnehmen ist, dass der Betriebsrat seinen Beratungsanspruch als erfüllt ansieht (vgl. BAG, Urteil vom 26.02.2015 – 2 AZR 955/13). Nicht ausreichend ist es, wenn der Betriebsrat etwa in einem Interessenausgleich lediglich erklärt, dass er vollständig nach § 17 Abs. 2 KSchG unterrichtet worden sei. Arbeitgeber sollten daher – auch mit Blick auf die der Massenentlassungsanzeige nach § 17 Abs. 3 Satz 2 KSchG beizufügende Stellungnahme – stets auf die Abgabe einer abschließenden Betriebsratsstellungnahme, in der er seinen Beratungsanspruch als erfüllt erklärt, hinwirken und eine solche Bestätigung sogleich in einen Interessenausgleich mit aufnehmen. Bis zum Vorliegen der aktuellen Entscheidung im Volltext bleibt abzuwarten, welche Reichweite der Entscheidung über den vorliegenden Fall der Entlassung aller Arbeitnehmer zukommt und ob neben Schriftform- und Berufsgruppenfehlern auch andere Unterrichtungsfehler geheilt werden können. Da in der Praxis jedoch nicht verlässlich von der Abgabe einer solchen abschließenden Stellungnahme des Betriebsrats ausgegangen werden kann und sollte, ist Unternehmen zur Vermeidung unwirksamer Entlassungen ohnehin dringend zu empfehlen, das Konsultationsverfahren rechtzeitig und ordnungsgemäß vor den geplanten Entlassungen durchzuführen. Hierzu gehört neben der vollständigen schriftlichen Unterrichtung über alle in § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1–6 KSchG genannten Punkte vor allem auch die tatsächliche Durchführung expliziter Beratungen nach § 17 Abs. 2 Satz 2 KSchG mit dem Betriebsrat als Gremium. Sofern der Betriebsrat sodann keine oder eine ungenügende Stellungnahme abgibt und auch kein Interessenausgleich mit Namensliste (vgl. § 1 Abs. 5 Satz 4 KSchG) vorliegt, ist nach § 17 Abs. 3 Satz 3 KSchG vorzugehen, d.h., der Arbeitgeber hat gegenüber der Agentur für Arbeit glaubhaft zu machen, dass er den Betriebsrat mindestens zwei Wochen vor Erstattung der Anzeige gemäß § 17 Abs. 2 Satz 1 KSchG unterrichtet hat, und er hat den Stand der Beratungen im Detail darzulegen (vgl. BAG, Urteil vom 26.02.2015 – 2 AZR 955/13).

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