Am 9. April 2025 hat die aus CDU, CSU und SPD gebildete Koalition ihren Koalitionsvertrag vorgestellt. Diese politische Absichtserklärung nimmt auch arbeitsrechtliche Themen in den Fokus und enthält Änderungen, die sowohl Arbeitnehmer als auch Arbeitgeber betreffen werden. Die zentralen Vorhaben des Koalitionsvertrages im Bereich der Arbeitspolitik sind:

Schaffung einer wöchentlichen statt einer täglichen Höchstarbeitszeit

Die Koalition plant, die tägliche Höchstarbeitszeit im Arbeitszeitgesetz durch eine wöchentliche Höchstarbeitszeit zu ersetzen. Dies soll mehr Flexibilität für Arbeitnehmer und Arbeitgeber schaffen. Die bestehenden Ruhezeitregelungen sollen dabei beibehalten werden.

Unbürokratische Regelungen zur Zeiterfassung

Die Pflicht zur elektronischen Zeiterfassung soll unbürokratisch geregelt werden. Kleine und mittlere Unternehmen sollen durch Übergangsregeln angemessen behandelt werden. Vertrauensarbeitszeit soll möglich bleiben.

Abbau von Schriftformerfordernissen im Arbeitsrecht

Die Koalition plant, die Bürokratie im Arbeitsrecht zu reduzieren. Als Beispiel hierfür wird der Abbau von Schriftformerfordernissen bei Befristungen genannt. Dies soll den administrativen Aufwand für Arbeitgeber und Arbeitnehmer verringern und den Parteien mehr Flexibilität ermöglichen.

Steuerliche Freistellung von Mehrarbeit

Zuschläge für Mehrarbeit, die über Vollzeitarbeit hinausgehen, sollen steuerlich freigestellt werden, um zusätzliche Arbeitsstunden attraktiver zu machen. Als Vollzeitarbeit gelten bei tariflich festgelegten Regelungen 34 Stunden pro Woche. Für nicht tariflich festgelegte Arbeitszeiten sollen 40 Wochenarbeitsstunden als Vollzeit gelten.

Steuerliche Förderung der Ausweitung der Arbeitszeit

Einen steuerlichen Anreiz will die Koalition auch für die Ausweitung der Arbeitszeit von Teilzeit- auf Vollzeitbeschäftigung setzen. Arbeitgeber sollen steuerliche Begünstigungen erhalten, wenn sie Prämien an Mitarbeiter zahlen, die ihre Arbeitszeit erhöhen.

Erweiterung des Ausnahmekatalogs für Sonn- und Feiertagsbeschäftigung

Der Ausnahmekatalog des § 10 Arbeitszeitgesetz soll um das Bäckereihandwerk erweitert werden. Dies ermöglicht Bäckereibetrieben, auch an Sonn- und Feiertagen zu arbeiten.

Vorhaben zum Mindestlohn

Die Koalition beabsichtigt, an der unabhängigen Mindestlohnkommission festzuhalten. Gleichzeitig möchten die Koalitionsparteien aber, dass sich die Kommission an 60 Prozent des Bruttomedianlohns von Vollzeitbeschäftigten für die Höhe des Mindestlohns orientiert. Vor diesem Hintergrund soll im Jahr 2026 das politische Ziel eines Mindestlohns von 15 Euro pro Stunde letztlich doch erreicht werden.

Höhere Tarifbindung durch das Bundestariftreuegesetz

Mit der Einführung eines Tariftreuegesetzes für den Bund sollen Aufträge des Bundes ab 50.000 Euro und für Startups mit innovativen Leistungen in den ersten vier Jahren nach ihrer Gründung ab 100.000 Euro nur an Unternehmen vergeben werden, die die maßgeblichen tariflichen Regelungen einhalten.

Online-Betriebsratssitzungen und digitales Zugangsrecht für Gewerkschaften

Die Koalition möchte Online-Betriebsratssitzungen und Online-Betriebsversammlungen zulassen. Zudem sollen Gewerkschaften ein digitales Zugangsrecht zu Betrieben erhalten.

Neuregelung im Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG)

Eine neue Regelung im TzBfG soll Arbeitsverhältnisse während eines Studiums vom Anschlussverbot ausnehmen. Damit soll Hochschuleinrichtungen mehr Flexibilität ermöglicht werden.

Fortschritte bei der Entsendungsbürokratie

Für Entsendungen innerhalb der EU soll die Entsendemeldung technisch erleichtert und mit dem sogenannten A1-Verfahren gebündelt werden. Alle sollen die A1-Bescheinigung digital mit sich führen können. Die Koalition spricht sich gegen eine europäische Arbeitslosenversicherung aus.

Beschleunigte Arbeitsgenehmigungen für Fachkräfte

Die Koalition möchte den Prozess der Arbeitsgenehmigungen für qualifizierte Fachkräfte beschleunigen. Dies soll den Fachkräftemangel lindern und die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands stärken.

Einführung einer Nachunternehmerhaftung für die Paketzustellung

Im Bereich der Paketzustellung sollen sich die Arbeitsbedingungen verbessern. Orientieren will sich die Koalition dabei an der bereits für die Branche bestehenden Nachunternehmerhaftung für Sozialversicherungsbeiträge. Eine vergleichbare Regelung soll für die Arbeitsbedingungen geschaffen werden, sodass Hauptauftragnehmer für die Arbeitsbedingungen bei ihren Subunternehmern verantwortlich gemacht werden können.

Flexibilität beim Übergang vom Beruf in die Rente

Zwar soll das gesetzliche Renteneintrittsalter unverändert bleiben. Trotzdem soll Arbeitnehmern mehr Flexibilität beim Übergang vom Beruf in die Rente ermöglicht werden. Wer freiwillig länger arbeiten möchte, soll weniger Steine in den Weg gelegt bekommen. Dazu soll das Vorbeschäftigungsverbot aufgehoben und befristetes Weiterarbeiten ermöglicht werden. Als Anreiz für freiwilliges Weiterarbeiten über das gesetzliche Renteneintrittsalter hinaus plant die Koalition die Einführung einer sogenannten Aktivrente. Danach soll beim Weiterarbeiten monatliches Gehalt bis zu 2.000 Euro steuerfrei gestellt werden.

Umsetzung der EU-Richtlinie für mehr Lohntransparenz

Die bereits verabschiedete EU-Transparenzrichtlinie soll in nationales Recht umgesetzt werden, wozu die Bundesrepublik ohnehin verpflichtet wäre. Die konkrete Ausgestaltung soll jedoch möglichst bürokratiearm erfolgen. Dazu werden zunächst Vorschläge von einer Kommission gemacht.

Fazit:

Der Koalitionsvertrag enthält zum einen einige überfällige Bürokratieerleichterungen für Arbeitgeber. Durch die Abschaffung von Schriftformerfordernissen und der Einführung einer wöchentlichen statt einer täglichen Höchstarbeitszeit wird Arbeitgebern mehr Flexibilität ermöglicht und der administrative Aufwand verringert sich. Zum anderen sind aber auch Gesetzesänderungen mit mehr Bürokratie wie das Bundestariftreuegesetz geplant.

Nichtsdestotrotz soll die zeitgemäße Anpassung von Rechtsnormen an die fortschreitende digitale Entwicklung in den Blick genommen werden.

Im Ergebnis sind die Formulierungen oft vage und es bleibt abzuwarten, welche Vorhaben tatsächlich und wenn ja, wie umgesetzt werden. Neuigkeiten hierzu werden wir auf unserem Blog veröffentlichen.

Photo: shutterstock / Piotr Piatrouski

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