Ab dem 1. März 2021 sollte nach ursprünglicher Ankündigung der Bundesregierung zur Eingrenzung der Ausbreitung des Coronavirus der Einsatz von Corona-Schnelltests ausgeweitet werden. Die Tests sollten dann kostenlos zur Verfügung gestellt werden. Auch wenn sich dieser Schnelltest-Einsatz nun erst einmal verzögert, ist davon auszugehen, dass nach Einführung ein Interesse seitens der Arbeitgeber bestehen wird, Schnelltests auch am Arbeitsplatz anzuordnen. Doch ist dies in Deutschland erlaubt?
Arbeitgeber sind grundsätzlich verpflichtet, die Gesundheit ihrer Beschäftigten zu schützen. Dies gilt insbesondere in Zeiten der Corona-Pandemie. Diese Pflicht ist als Fürsorgepflicht in § 611a BGB, § 618 BGB, § 3 ArbSchG und in der SARS-CoV-Arbeitsschutzregel normiert. Hiernach hat der Arbeitgeber „erforderliche Maßnahmen“ zum Gesundheitsschutz zu treffen. Ob eine Maßnahme erforderlich ist, richtet sich nach der spezifischen aktuellen Gefährdungslage vor Ort. Zur Umsetzung dieser Maßnahmen hat der Arbeitgeber grundsätzlich ein Weisungsrecht (§ 106 GewO) gegenüber seiner Belegschaft.
Anders sieht es bei der Anordnung zur Durchführung eines Corona-Tests aus. Denn der Arbeitgeber kann grundsätzliche keine medizinischen Untersuchungen ohne triftigen Grund vorschreiben. Hier stehen sich nämlich das Persönlichkeitsrecht und die Selbstbestimmung des Arbeitnehmers auf der einen Seite und der Gesundheitsschutz der anderen Mitarbeiter, die Verpflichtung des Arbeitgebers, hierzu Maßnahmen zu ergreifen sowie das Interesse des Arbeitgebers, eine corona-bedingt behördlich angeordnete Betriebsschließung zu vermeiden, auf der anderen Seite gegenüber.
Darüber hinaus sind die datenschutzrechtlichen Vorschriften zu beachten. Die Durchführung von Corona-Tests geht einher mit der Verarbeitung personenbezogener Arbeitnehmerdaten, welche nur dann erlaubt ist, wenn diese zur Anbahnung, Durchführung oder Beendigung eines Arbeitsverhältnisses erforderlich ist. Da hier Gesundheitsdaten eine Rolle spielen und diese in eine besondere Kategorie von Daten nach Art. 9 DSGVO fallen, ist die Erforderlichkeit auch an diesem Merkmal zu messen. Aus Fürsorgegesichtspunkten mag man ggf. von einer Erforderlichkeit ausgehen. Allerdings lässt sich dem entgegenhalten, dass auch mit Tests kein vollständiger Infektionsschutz gewährleistet werden kann und es kann auch nicht von der Hand gewiesen werden, dass ein vom Arbeitgeber erzwungener Test erheblich in das Recht des Arbeitnehmers auf Datenschutz eingreift.
Eine anlasslose Durchführung des Tests kann der Arbeitgeber daher grundsätzlich nicht verlangen. Erfordert die Verrichtung der Arbeit jedoch zwingend einen engen Personenkontakt und setzt den Arbeitnehmer damit einem hohem Infektionsrisiko aus, wie es z. B. bei ärztlichen und pflegerischen Aufgaben der Fall ist, liegt eher ein begründeter Anlass für die Durchführung des Corona-Schnelltests vor.
Verweigert der Arbeitnehmer die Durchführung des Tests trotz begründeten Anlasses und entgegen der Weisung des Arbeitgebers, bietet er seine Arbeitsleistung nicht ordnungsgemäß an. In einem solchen Fall muss der Arbeitgeber die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers nicht annehmen und der Anspruch des Arbeitnehmers auf Vergütung entfällt.
Will der Arbeitgeber die Durchführung von Schnelltests im Betrieb einführen, so ist der Betriebsrat daran zu beteiligen. Denn Schnelltests sind Maßnahmen im Bereich des Arbeitsschutzes, die durch den Betriebsrat überwacht werden (§ 89 Abs.1 BetrVG). Er ist also vor der Einführung der Test-Praxis entsprechend zu informieren (§ 80 Abs.1 Nr.1 und Nr.9 BetrVG). Zudem hat der Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht bezüglich der Maßnahme (§ 87 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 7 BetrVG).
Eine Rechtfertigung zur Durchführung eines Schnelltests durch den Arbeitgeber kann sich allerdings auch auf einzelne Arbeitnehmer beziehen: Weist der Arbeitnehmer Symptome einer Atemwegserkrankung mit Verdacht auf eine Corona-Infektion auf, hat er gemäß Nr. 4.2.11 der SARS-CoV-Arbeitsschutzregel der Arbeitsstätte fernzubleiben. Bei Vorliegen von Corona-typische Symptomen wie Husten, Kurzatmigkeit, Fieber, etc. bei einem Arbeitnehmer wird die Abwägung daher zugunsten der Durchführung des Schnelltests ausfallen, sollte dieser die Arbeitsstelle dennoch aufsuchen wollen. In Anbetracht der erheblichen Gefährlichkeit einer Ansteckung mit dem Corona-Virus ist die kurzzeitige Unannehmlichkeit, die die Durchführung eines Schnelltests mit sich bringen kann, zudem zumutbar.
Allerdings würden wir in einem solchen Falle eher raten, dem offensichtlich kranken Arbeitnehmer, soweit organisatorisch möglich, den Zutritt zum Arbeitsplatz nicht zu gestatten, anstatt einen Schnelltest durchzuführen, da ein Schnelltest aufgrund der dem Testsystem immanenten Ungenauigkeit keinen sicheren Infektionsschutz bietet.