Zu den Hauptaufgaben eines/r betrieblichen Datenschutzbeauftragten zählt die Überwachung der Einhaltung der Vorgaben des Datenschutzes im Betrieb. Diese Position dient dabei primär als beratende Stelle der Unternehmensleitung. Zu den zahlreichen Aufgaben des Betriebsrats gehört indes auch die Überwachung der Einhaltung rechtlicher Vorschriften, insbesondere auch die Einhaltung der Vorgaben des Beschäftigtendatenschutzes. Daraus resultieren in der Praxis immer wieder Fragen hinsichtlich des Verhältnisses von internen Datenschutzbeauftragten und Mitgliedern des Betriebsrats.
Das Bundesarbeitsgericht entschied nun in einem Fall, in dem die Position des betrieblichen Datenschutzbeauftragten und des Betriebsratsvorsitzenden in einer Person zusammenfiel. Die Entscheidung zeigt, dass beide Positionen miteinander nicht vereinbar sind, mit ggf. weit reichenden Folgen für beide Seiten.
Hintergrund des Verfahrens
Der in einem Unternehmen als Betriebsratsvorsitzender tätige Kläger wurde erstmals im Jahre 2015 zum betrieblichen Datenschutzbeauftragten für das Unternehmen und weitere Tochtergesellschaften bestellt. Nachdem die zuständige Datenschutzaufsichtsbehörde des Landes der Muttergesellschaft mitgeteilt hatte, dass aus ihrer Sicht eine Unvereinbarkeit der Ämter des Betriebsratsvorsitzenden und des betrieblichen Datenschutzbeauftragten bestehe und damit nach ihrer Auffassung bereits keine wirksame Bestellung eines Datenschutzbeauftragten vorliege, wurde die vorgenommene Bestellung „hilfsweise vorsorglich“ für alle betroffenen Gesellschaften widerrufen. Bereits unter Geltung des alten Bundesdatenschutzgesetzes genoss ein betrieblicher Datenschutzbeauftragter besonderen Kündigungsschutz (ähnlich einem Betriebsratsmitglied). Nach Inkrafttreten der DSGVO hat sich hieran nichts geändert. Der Kläger wurde unter Geltung der DSGVO im Jahre 2018 dann erneut sicherheitshalber als Datenschutzbeauftragter unter Hinweis auf die Inkompatibilität seiner beiden Ämter von seiner Funktion als betrieblicher Datenschutzbeauftragter abberufen, und es wurde eine neue betriebliche Datenschutzbeauftragte für alle in Deutschland gelegenen Standorte des Unternehmens bestellt. Nachdem der Kläger in der Folge aus dem Betriebsrat ausschied, kündigte das Unternehmen nach Ablauf des betriebsratsbezogenen, besonderen Kündigungsschutzes das Arbeitsverhältnis ordentlich unter Einhaltung der Kündigungsfrist. Der Kläger griff diese Kündigung an und berief sich auf den besonderen Kündigungsschutz als betrieblicher Datenschutzbeauftragter. Er war der Ansicht, dass die Abberufungen nicht gerechtfertigt waren, da aus seiner Sicht zu keinem Zeitpunkt ein Interessenkonflikt bestanden habe. Ein (für eine erfolgreiche Abberufung notwendiger) wichtiger Grund sei nicht vorhanden. Vor diesem Hintergrund argumentierte der Kläger, dass für ihn nach wie vor der besondere Kündigungsschutz als betrieblicher Datenschutzbeauftragter gelte und er daher nur außerordentlich aus wichtigem Grund gekündigt werden könne.
Die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts
Der neunte Senat des Bundesarbeitsgericht bestätigte die Rechtsauffassung des Unternehmens und sah bei Zusammentreffen der Ämter des betrieblichen Datenschutzbeauftragten und des Betriebsratsvorsitzenden einen Interessenkonflikt, der die Abberufung rechtfertigte. Es nahm damit eine andere Position ein als die beiden Vorinstanzen, die einen solchen Konflikt nicht angenommen hatten. Vor dem Hintergrund des bestehenden Interessenkonfliktes war bereits der erste Widerruf der Bestellung als Datenschutzbeauftragter im Jahre 2015 rechtmäßig und hat die ursprünglich vorgenommene Bestellung somit rechtswirksam beendet. Der für einen solchen Widerruf erforderliche wichtige Grund liegt vor, wenn die für die Aufgabenerfüllung erforderliche Zuverlässigkeit nicht mehr gegeben ist, wobei diese Zuverlässigkeit auch bei bestehenden Interessenskonflikten entfallen kann. Für die Würdigung eines solchen abrufungsrelevanten Interessenskonflikts bezog sich der Senat auf eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshof (EuGH) vom 9. Februar 2023, in welcher klargestellt wurde, dass ein solcher Interessenskonflikt im Sinne des Art. 38 Abs. 6 S. 2 DSGVO vorliegt, wenn der/die Datenschutzbeauftragte bereits eine Position bekleidet, in deren Rahmen er/sie Entscheidungen über die Festlegung von Zwecken und Mitteln der Verarbeitung von personenbezogenen Daten im Unternehmen treffen muss. Hierbei darf nicht vergessen werden, dass der/die betriebliche Datenschutzbeauftragte seine/ihre Funktion auch im Hinblick auf die Verarbeitung personenbezogener Daten des Betriebsrats auszuüben hat.
Diese rechtliche Wertung kann nach Ansicht des Senats auch auf die zuvor geltende Rechtslage im Rahmen der alten Fassung des Bundesdatenschutzgesetzes übertragen werden. Dabei ist zu berücksichtigen, dass dem Betriebsrat nur solche personenbezogenen Daten übermittelt werden dürfen, die im Betriebsverfassungsgesetz normiert sind. Da das Gremium per Beschluss darüber entscheidet, welche Daten vom Arbeitgeber angefordert werden und wie diese dann im Rahmen der Entscheidungsfindung des Betriebsrats verarbeitet werden, erfolge gerade eine den Interessenkonflikt auslösende Zweck-Mittel-Regulierung. Denn der/die betriebliche Datenschutzbeauftragte wäre berufen, die Rechtmäßigkeit einer Anforderung personenbezogener Daten durch den Betriebsrat, jedenfalls auf Anforderung der Unternehmensleitung, zu beurteilen. Das BAG betont dabei die hervorgehobene Stellung der Position der/des Vorsitzenden des Betriebsrats, der/die das Gremium im Rahmen der gefassten Beschlüsse vertritt. Die Zielsetzungen der beiden Ämter stehen hier im Widerspruch zueinander. Denn der/die Betriebsratsvorsitzende wäre in seiner/ihrer Eigenschaft als Datenschutzbeauftragte*r folglich für die Kontrolle seiner/ihrer eigenen Person verantwortlich.
Konsequenzen
Das Bundesarbeitsgericht hat klargestellt, dass ein wichtiger Grund für eine Abberufung eines/r bestellten betrieblichen Datenschutzbeauftragten besteht, wenn diese Position gleichzeitig mit dem Amt des/der Vorsitzenden des Betriebsrats kumuliert wird. Konsequent gedacht müsste ein solcher Interessenkonflikt ebenso bestehen, wenn das Amt des/der betrieblichen Datenschutzbeauftragten mit der Position des/der stellvertretenden Betriebsratsvorsitzenden zusammenfällt, da jede Vertretungssituation den beschriebenen Interessenkonflikt beinhalten kann. Arbeitgeber sollten daher genau prüfen, ob Handlungsbedarf zur Vermeidung einer solchen Konfliktsituation in ihrem Unternehmen besteht. Dies ist nicht zuletzt zur Einhaltung der (bußgeldbewehrten) datenschutzrechtlichen Vorschriften sehr wichtig, denn von einer ordnungsgemäßen Bestellung eines betrieblichen Datenschutzbeauftragten wird man rechtssicher nur dann ausgehen können, wenn ein Interessenkonflikt nicht festzustellen ist.
Foto: Shutterstock / BCFC