Schon im Dezember 2019 wurde auf europäischer Ebene die umgangssprachlich „Whistleblower-Richtlinie“ genannte RL 2019/1937 beschlossen, die dem verstärkten Schutz von Personen, die den Verdacht etwaig in Unternehmen oder Behörden begangener Rechtsverstöße melden („Hinweisgeber“), zum Ziel hat. Die Umsetzungsfrist der Richtlinie ist am 17. Dezember 2021 abgelaufen. Bis dato ist eine Umsetzung in deutsches Recht noch nicht erfolgt. Zwischenzeitlich hat das Bundesministerium für Justiz am 13. April 2022 einen Referentenentwurf für das Hinweisgeberschutzgesetz (HinSchG) veröffentlicht, der nun zeitnah beschlossen werden soll.

Einrichtung von Meldestellen – nicht verpflichtend aber ratsam

Eine aus Arbeitgebersicht besonders relevante Frage, die sich schon aus der Richtlinie selbst ergibt, ist die nach der Einrichtung von Meldestellen, an die sich Hinweisgeber wenden können, wenn sie Rechtsverstöße in Unternehmen zu erkennen glauben. In der Richtlinie ist für diese Meldestellen ein zweigleisiges Modell vorgesehen.

Ausdrücklich vorgeschrieben ist nach Artikel 11 der Richtlinie die Einrichtung externer Meldekanäle auf staatlicher Ebene. Nach dem aktuellen Referentenentwurf wird der Bund eine externe Meldestelle beim Bundesamt für Justiz einrichten.

Die Einrichtung interner Meldekanäle bei den Unternehmen hingegen ist durch die Richtlinie nicht verpflichtend vorgesehen. Der Referentenentwurf sieht jedoch, abhängig von der Unternehmensgröße, eine Verpflichtung zur Einrichtung einer internen Meldestelle vor. So werden Unternehmen mit mehr als 250 Mitarbeitenden nach dem Referentenentwurf sofort eine Meldestelle einrichten müssen, Unternehmen mit mehr als 50 Mitarbeitenden dagegen erst ab Ende 2023.

Anforderungen an Meldewege

Auch die im Referentenentwurf vorgesehenen Anforderungen an die möglichen Meldewege sind nicht unerheblich. So müssen Meldungen sowohl mündlich als auch in Textform ermöglicht werden. Hinweisgebern soll es möglich sein, sich nach eigener Entscheidung an interne oder externe Stellen zu wenden. Eine Privilegierung interner Meldewege ist im Referentenentwurf nicht vorgesehen.

Wir empfehlen allerdings allen Unternehmen, in jedem Fall interne Meldewege vorzusehen, auch wenn eine rechtliche Verpflichtung hierzu nicht besteht. Es dürfte im Interesse eines jeden Unternehmens liegen, etwaige Rechtsverletzungen zunächst intern zu prüfen und ggf. Gegenmaßnahmen einleiten zu können.

Zur Einrichtung von internen Meldestellen stehen Unternehmen nach dem Referentenentwurf verschiedene Möglichkeiten offen:

  • Unternehmen müssen ihre interne Meldestelle nicht selbst betreiben, sondern sie können auch eine dritte Partei (z.B. eine Anwaltskanzlei) mit ihrem Betrieb beauftragen
  • Eine Verpflichtung zur Entgegennahme anonymer Hinweise besteht nicht, ebenso ist die Entgegennahme von Hinweisen unternehmensfremder Personen nicht zwingend notwendig. Dennoch ist anzuraten, die internen Meldewege auch für Dritte und/oder anonyme Hinweisgeber zu öffnen, da hierdurch gewährleistet werden kann, dass auch diese Gruppen sich ggf. prioritär an die interne Meldestelle wenden.
  • Selbstverständlich ist bei Einrichtung interner Meldestellen besonderes Augenmerk auf den Datenschutz zu legen. Schließlich ist gerade der Schutz der Hinweisgeber der Kernpunkt der aktuellen Gesetzesvorhaben. Es muss gewährleistet sein, dass personenbezogene Daten der hinweisgebenden Person keinem Zugriff unbefugter Dritter unterliegt. Schließlich ist auch bei Auskunftsersuchen betroffener Personen dafür zu sorgen, dass die Auskunft hinsichtlich der im Rahmen des Hinweisgebersystems verarbeiteten Daten unterbleibt.

Mit der Umsetzung der Whistleblower-Richtlinie ist binnen kurzer Frist zu rechnen. Wir gehen davon aus, dass das Hinweisgeberschutzgesetz noch im Jahr 2022 verabschiedet werden wird und in Kraft tritt.

Für eine weitere Beratung rund um das Thema stehen wir selbstverständlich gerne zur Verfügung.

© 2022 Shutterstock – Victor Moussa

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