Sachverhalt

Geklagt hatte ein Senior Consultant, der nach vierjähriger Betriebszugehörigkeit von seinem Arbeitgeber ordentlich gekündigt wurde. Für die dreimonatige Kündigungsfrist stellte der Arbeitgeber den Arbeitnehmer unter Fortzahlung seines Gehalts unwiderruflich frei. Der Arbeitgeber übersandte dem Arbeitnehmer in dieser Zeit insgesamt 43 Stellenangebote aus Jobportalen. Auf sieben davon bewarb sich der Arbeitnehmer, jedoch erst zum Ende der Kündigungsfrist. Der Arbeitgeber verweigerte daraufhin die Zahlung des letzten Monatsgehalts mit der Begründung, der Arbeitnehmer habe es böswillig unterlassen, sich frühzeitig um eine neue Anstellung zu bemühen. Gemäß § 615 S. 2 BGB müsse sich ein Arbeitnehmer sich seinen erzielbaren anderweitigen Verdienst anrechnen lassen, sofern er diesen böswillig unterlasse.

Die Entscheidung des BAG

Das BAG verpflichtete den Arbeitgeber zur Zahlung des letzten Monatsgehalts. In seinem Urteil stellte das Gericht fest, dass sich der Arbeitgeber aufgrund der Freistellung des Arbeitnehmers während der Kündigungsfrist im Annahmeverzug befunden habe und somit zur Gehaltszahlung verpflichtet gewesen sei. Nach § 615 S. 2 BGB müsse sich der Arbeitnehmer anrechnen lassen, was er durch anderweitige Erbringung seiner Arbeitsleistung erwerbe oder zu erwerben böswillig unterlasse.

Ein nicht erzielter anderweitiger Verdienst im Sinne dieser Vorschrift lag für die Richter des BAG hier aber nicht vor. Ein Arbeitnehmer sei nicht grundsätzlich verpflichtet, bereits vor Ablauf der Kündigungsfrist eine neue Stelle anzutreten, um den Arbeitgeber finanziell zu entlasten. § 615 S. 2 BGB enthalte eine Billigkeitsregelung. Demnach seien die individuellen Obliegenheiten des Arbeitnehmers abhängig von den Pflichten des Arbeitgebers zu bewerten. Nicht darlegen könne der Arbeitgeber im konkreten Fall, inwiefern ihm die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers bis zur tatsächlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar gewesen sei.

Praxisausblick

Die Entscheidung des BAG bestätigt, dass die Vergütung grundsätzlich bis zum Ablauf der Kündigungsfrist fortgezahlt werden muss und Arbeitnehmer bis dahin nicht verpflichtet sind, eine neue Tätigkeit aufzunehmen.

Anders sieht die Rechtslage nach Ablauf der Kündigungsfrist aus. Hier reicht eine bloße Arbeitslosmeldung nicht aus. Vielmehr kann der Arbeitnehmer verpflichtet sein, nicht nur Vermittlungsangeboten der Agentur für Arbeit nachzugehen und eigene Bewerbungsbemühungen zu entfalten. Hierzu verweisen wir auf vorangegangene Artikel in unserem Blog wie beispielsweise: Arbeitsrecht: Neues vom Annahmeverzug und Böswilliges Unterlassen von anderweitigem Verdienst während Annahmeverzug

Foto: shutterstock / chayanuphol

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