Aus arbeitsrechtlicher Perspektive interessant ist vor allem das Bestreben, strenge Schriftformerfordernisse zur Textform herabzustufen. Die Textform setzt keine eigenhändige Unterschrift voraus, so dass Erklärungen demnach auch per E-Mail oder Textnachricht erfolgen können.
Im Folgenden greifen wir die wichtigsten Änderungen des BEG IV aus arbeitsrechtlicher Sicht auf:
Nachweisgesetz
Mit dem Nachweisgesetz hatte sich der Gesetzgeber 2022 aus unserer Sicht entschieden, eher noch bürokratische Hürden für Unternehmen aufzubauen, statt sie abzuschaffen. Die seinerzeit neu eingeführten Formvorschriften werden mit dem BEG IV nun wieder teilweise entschärft. Wesentliche Arbeitsbedingungen und Änderungen an diesen müssen nicht mehr in Schriftform ausgehändigt werden, sondern können nun in Textform abgefasst und übermittelt werden, was insbesondere für internationale Unternehmen eine große Erleichterung bedeutet. Das entsprechende Dokument muss für die empfangende Person abruf- und speicherbar sein, sowie der Empfang von dieser bestätigt werden. Die empfangende Person kann jedoch weiterhin verlangen, die Arbeitsbedingungen in Schriftform ausgehändigt zu erhalten. Keine Anwendung finden diese Formerleichterungen in Unternehmen, welche in einem Wirtschaftszweig tätig sind, der besonders von Schwarzarbeit betroffen ist.
Altersbefristung
Arbeitsvertragliche Altersbefristungen bedürfen künftig keiner Schriftform mehr. Hiermit sind Klauseln gemeint, nach denen mit Erreichen der Regelaltersgrenze in der Rentenversicherung das Arbeitsverhältnis automatisch endet. War bisher hier eine handschriftliche Unterschrift beider Parteien notwendig, ist nunmehr für die Altersbefristung die Textform ausreichend. Gleichsam gilt diese Formerleichterung auch für das Hinausschieben der vereinbarten Altersgrenze. Besondere Vorsicht ist hier geboten, da die wirksame reguläre Befristung von Arbeitsverhältnissen nach wie vor die Schriftform der Befristungsabrede voraussetzt. Hieran ist explizit keine Änderung erfolgt.
Elternzeitantrag künftig in Textform
Bürokratisch entlastet werden nicht nur die Arbeitgeber, sondern auch auf der Seite der arbeitnehmenden Personen sind Erleichterungen vorgesehen. Die Textform genügt künftig für die Beantragung von Elternzeit und Elternteilzeit.
Arbeitnehmerüberlassungsverträge
Mit den Änderungen im Zuge des BEG IV ergeben sich auch Änderungen im Bereich der Arbeitnehmerüberlassung. Hier fällt für die zwingend erforderlichen Arbeitnehmerüberlassungsvereinbarungen zwischen Verleihunternehmen und Entleihunternehmen das bisher geltende Schriftformerfordernis weg, so dass Arbeitnehmerüberlassungsverträge auch in Textform abgeschlossen werden können.
Arbeitszeugnis in elektronischer Form
Ein Novum ergibt sich auch für das Arbeitszeugnis. Bisher musste ein Arbeitszeugnis in Schriftform ausgestellt werden, jede elektronische Form war qua Gesetz ausgeschlossen. Nun können Arbeitszeugnisse mit Einwilligung der empfangenden Person in elektronischer Form erteilt werden. Hier bleibt mit Spannung abzuwarten, ob die elektronische Form auf breiter Front auch akzeptiert werden wird. Darüber hinaus stellen sich technische Folgefragen: Üblich ist bei Endzeugnissen, dass diese das Datum des Ausscheidens tragen. Werden Arbeitszeugnisse nun elektronisch unterzeichnet, ist der Zeitpunkt der elektronischen Unterschrift unveränderlich erkennbar, so dass eine etwaige Diskrepanz zwischen dem genannten Ausstellungs- und Unterzeichnungsdatum nicht zu verbergen wäre. Hieraus könnten Rückschlüsse geschlossen werden, etwa auf eine länger dauernde arbeitsgerichtliche Auseinandersetzung.
Fazit
Bürokratieabbau im Beschäftigungskontext gelingt mit dem BEG IV allenfalls in Nuancen. Wir meinen, dass hier noch weitere Schritte dringend folgen müssen. Die Form- und Verfahrenserleichterungen stellen dabei einen Schritt in die richtige Richtung dar und sind zu begrüßen. Zugleich sind sie nicht konsequent umgesetzt – in zentralen Bereichen bleibt die Schriftform unumgänglich. Hierdurch entstehen auch neue Fehlerquellen.
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