Zugang am im Auslieferungsbeleg vermerkten Tag anzunehmen

Bei einer vereinbarten vierteljährigen Kündigungsfrist zum Quartalsende kündigte der be-klagte Arbeitgeber mit einem Schreiben vom 28.09.2021 zum Ende des Jahres. Die Zu-stellung erfolgte per Einwurf-Einschreiben. Der Auslieferungsbeleg datierte auf den 30.09.2021.

Sofern mit Einwurf des Einschreibens der Zugang bewiesen ist, endet das Arbeitsverhält-nis rechtzeitig zum Ende des Jahres 2021. Seitens der Klägerin wurde der Einwurf des Schreibens innerhalb der üblichen Postzustellzeiten bestritten, so dass nicht mit einer Entnahme am selben Tag gerechnet werden könnte. Der Zugang sei verspätet am 01.10.2021 erfolgt.

Das BAG hat zugunsten der Beklagten entschieden. Diese habe mit dem am 30.09. zu-gegangenen Kündigungsschreiben die arbeitsvertragliche Kündigungsfrist eingehalten. Der Einwurf in einen Briefkasten bewirkt den Zugang, sobald nach der Verkehrsanschau-ung mit der nächsten Entnahme zu rechnen ist. Auch nach dem BAG besteht nunmehr ein sog. Anscheinsbeweis dafür, dass Briefe am Zustelltag innerhalb der üblichen Post-zustellzeiten eingeworfen werden. Allgemein sei mit einer Leerung des Briefkastens un-mittelbar nach Abschluss der üblichen Postzustellzeiten, folglich am selben Tag, zu rech-nen.

Der Beweis des ersten Anscheins des Zugangs einer per Einwurf-Einschreiben versand-ten Erklärung am Tag des Einwurfes des Einschreibens lässt sich in arbeitsgerichtlichen Verfahren in der Zukunft mit dem (elektronisch reproduzierten und abrufbaren) Ausliefe-rungsbeleg führen. Legt der Arbeitnehmer im konkreten Einzelfall aber atypische Um-stände dar, welche die ernsthafte Möglichkeit eines abweichenden Geschehensablaufs nahelegen, könnte dieser Anschein erschüttert werden.

Andere Methoden der Zustellung bleiben vorzugswürdig

Mit der in der Praxis beliebten Zustellungsmethode des Versands per Einwurf-Einschrei-ben sind aufgrund dieser Entscheidung weniger Risiken verbunden. Wichtig ist der um-gehende und routinemäßige Abruf des Auslieferungsbeleges. Die nunmehrige Anerken-nung des Anscheinsbeweises, sollte allerdings nicht den Blick darauf versperren, dass andere Zustellungsmethoden weiterhin vorzugswürdig bleiben.

Bei einem Einwurf-Einschreiben besteht lediglich der Anschein des Zugangs des Um-schlages, nicht aber auch des Inhalts der Erklärung. Für letzteres müsste sich durch eine Hinzuziehung eines Zeugen im gesamten Prozess von Ausfertigung der Erklärung, Ver-sand und Sendungsverfolgung beholfen werden, welches entsprechend dokumentiert wird.

Die rechtssicherste Lösung bleibt daher die von Zeugen begleitete persönliche Übergabe einer Kündigung im Betrieb, alternativ die Bestätigung des Empfangs der Kündigung durch den Arbeitnehmer auf einem Vordruck hierfür. Ist eine persönliche Zustellung nicht umsetzbar oder nicht gewollt, sollte die Zustellung an der Wohnadresse des Arbeitneh-mers idealerweise durch eigene Mitarbeiter unter umfangreicher Dokumentation des Zu-stellungsvorgangs samt Inhalt der Erklärung erfolgen.

Alternativ kann die Zustellung durch einen Gerichtvollzieher oder einen externen Boten- oder Kurierdienst übernommen werden, wenn diese eine ausreichende Dokumentation anbieten. Die Preise für die Kurierzustellung bewegen sich allerdings schnell im dreistel-ligen Bereich und Gerichtsvollzieher bieten häufig nur begrenzte Zeitfenster an, in denen sie die Zustellung übernehmen. Für das Einwurfeinschreiben lässt sich der Zugang der Erklärung nunmehr leichter nachweisen, die Rechtssicherheit der Übergabe oder des Einwurfs unter Zeugen auch für den Inhalt der Erklärung lässt sich hierdurch aber nicht ersetzen.

Foto: shutterstock / H_Ko

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