Hat ein Arbeitnehmer mit einem anerkannten Grad der Behinderung von 30 die Gleichstellung mit einem schwerbehinderten Menschen beantragt und dies dem Arbeitgeber mitgeteilt, ist der Arbeitgeber nicht nach § 178 Abs. 2 Satz 1 SGB IX verpflichtet, die Schwerbehindertenvertretung von der beabsichtigten Umsetzung dieses Arbeitnehmers (vorsorglich) zu unterrichten und sie hierzu anzuhören, wenn über den Gleichstellungsantrag zu diesem Zeitpunkt noch nicht entschieden ist.

Eine im Jobcenter beschäftigte Arbeitnehmerin mit einem anerkannten Grad der Behinderung von 30 hatte im Februar 2015 einen Antrag auf Gleichstellung mit einem schwerbehinderten Menschen bei der Agentur für Arbeit gestellt. Hierüber informierte sie auch den Leiter des Jobcenters. Im November 2015 wurde die Arbeitnehmerin für einen Zeitraum von sechs Monaten in ein anderes Team versetzt. Die Schwerbehindertenvertretung wurde in diesen Prozess nicht mit eingebunden. Die Bundesagentur für Arbeit stellte die Arbeitnehmerin im April 2016 rückwirkend zum Zeitpunkt der Antragstellung im Februar 2015 einem schwerbehinderten Menschen gleich. Nach Auffassung der Schwerbehindertenvertretung hätte diese vor der Umsetzung vorsorglich unterrichtet und angehört werden müssen, insbesondere, da das Jobcenter von dem Gleichstellungsantrag der Arbeitnehmerin wusste.

Das BAG hat die Rechtsbeschwerde der Schwerbehindertenvertretung zurückgewiesen und die Entscheidung des LAG bestätigt.

Grundsätzlich habe ein Arbeitgeber die Schwerbehindertenvertretung gemäß § 178 Abs. 2 Satz 1 SGB IX in allen Angelegenheiten, die einen einzelnen oder schwerbehinderte Menschen als Gruppe berühren, unverzüglich und umfassend zu unterrichten und vor einer Entscheidung anzuhören. Diese Vorschrift gelte nach § 151 Abs. 1 SGB IX für Schwerbehinderte und diesen gleichgestellten, behinderten Menschen.

Die Pflicht zur Beteiligung bei der Umsetzung bestehe aber dann nicht, wenn die die Beteiligungsrechte der Schwerbehindertenvertretung auslösende Maßnahme zu einem Zeitpunkt erfolge, zu dem über einen Antrag auf Gleichstellung noch nicht entschieden sei.

Eine Pflicht des Arbeitgebers, die Schwerbehindertenvertretung vor der Entscheidung über den Gleichstellungsantrag vorsorglich über eine Umsetzung oder sonstige Maßnahme zu unterrichten und zu dieser anzuhören, folge auch nicht aus der Rückwirkung der Entscheidung über die Gleichstellung auf den Tag der Antragstellung nach § 151 Abs. 2 Satz 2 SGB IX.

Kollektivrechtlich entstehe ein Beteiligungsanspruch der Schwerbehindertenvertretung erst mit Bekanntgabe des Gleichstellungsbescheids.

 

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