Der Bundesrat hat am Vormittag des 12. Mai 2023 den im Vermittlungsausschuss behandelten und aktualisierten Entwurf eines Gesetzes für einen besseren Schutz hinweisgebender Personen, sowie zur Umsetzung der Richtlinie zum Schutz von Personen, die Verstöße gegen das Unionsrecht melden (Hinweisgeberschutzgesetz) verabschiedet. Erst am Vortag hatte der Deutsche Bundestag den im Vermittlungsausschuss beratenen Kompromiss gebilligt. Damit haben beide Parlamentskammern dem im Vermittlungsausschuss erzielten Kompromiss zugestimmt.

Mit dem Hinweisgeberschutzgesetz soll der bislang nur unzureichende Schutz von hinweisgebenden Personen verstärkt und die europäische Hinweisgeberrichtlinie endlich in nationales Recht umgesetzt werden. Wir erwarten hierdurch eine Auflösung des derzeit bestehenden Konflikts zwischen der Wahrung der Vertraulichkeit im Hinblick auf Whistleblower und den Informations- und Auskunftspflichten nach der DSGVO. Für viele Arbeitgeber jedoch ergeben sich nach Inkrafttreten des Gesetzes umfangreiche Handlungspflichten.

Bevor das Gesetz einen Monat nach seiner nunmehr bald erwarteten Verkündung in Kraft treten kann, muss nun zunächst der Gesetzgebungsprozess zu Ende gebracht werden. Es steht noch die Ausfertigung des Gesetzes durch den Bundespräsidenten aus, der dann die Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt folgt. Mit einem Inkrafttreten des Gesetzes ist damit in Kürze, voraussichtlich noch im Juni 2023, zu rechnen.

Inhalt des Gesetzes

Mit dem Hinweisgeberschutzgesetz werden natürliche Personen, die im Zusammenhang mit ihrer beruflichen Tätigkeit oder im Vorfeld einer solchen Tätigkeit Informationen über Verstöße erlangt haben und diese an die vorgesehenen Meldestellen melden, vor Repressalien und Vergeltungsmaßnahmen geschützt. Der Schutz erstreckt sich ferner auch auf natürliche Personen, die anderweitig von einer Meldung oder Offenlegung betroffen sind.

Das Hinweisgeberschutzgesetz beinhaltet einen umfangreichen Katalog von Verstößen, die in den Anwendungsbereich des Gesetzes fallen. Dies sind insbesondere straf- oder bußgeldbewehrte Verletzungen von Leib und Leben, Gesundheit oder den Schutz von Beschäftigtenrechten bzw. den Rechten der Vertretungsorgane im Zusammenhang mit einem Beschäftigungsgeber oder einer anderen Stelle, mit der die hinweisgebende Person beruflich im Kontakt stand.

Das Hinweisgeberschutzgesetz verbietet jegliche Repressalien bzw. Vergeltungsmaßnahmen gegenüber hinweisgebenden Personen und damit Handlungen oder Unterlassungen im Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit, die eine Reaktion auf eine Meldung oder eine Offenlegung darstellen, durch die der hinweisgebenden Person ein ungerechtfertigter Nachteil entsteht oder entstehen kann. Die häufigsten Fälle von Repressalien bzw. Vergeltungsmaßnahmen werden voraussichtlich Kündigungen, Degradierungen oder auch unterlassene Beförderungen sein. Verboten ist dabei nicht nur die Repressalie per se, sondern bereits das Androhen einer solchen. Macht der Hinweisgeber geltend, eine Benachteiligung infolge einer Meldung oder Offenlegung erlitten zu haben, greift eine Beweislastumkehr zulasten des Beschäftigungsgebers. Es wird solange vermutet, dass es sich bei der in Streit stehenden Maßnahme um eine Repressalie bzw. Vergeltungsmaßnahme handelt, bis gegenteiliges bewiesen wurde.

Interne und externe Meldestellen – Wahlrecht des Hinweisgebers

Auch nach dem im Vermittlungsausschuss erzielten Kompromiss sieht das Hinweisgeberschutzgesetz die Einrichtung externer und interner Meldestellen vor. Der Bund errichtet eine zentrale externe Meldestelle beim Bundesamt für Justiz. Weitere besondere Meldestellen werden bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungen und dem Bundeskartellamt gebildet. Die Länder können ebenfalls eigene externe Meldestellen für Meldungen, die die jeweilige Landes- und Kommunalverwaltung betreffen, einrichten.

Unternehmen und Organisationen ab 50 Beschäftigten müssen ferner interne Meldestellen einrichten. Hierbei kann das Unternehmen bzw. die Organisation entscheiden, ob zu diesem Zweck eigene Beschäftigte herangezogen oder Dritte mit den Aufgaben der internen Meldestelle beauftragt werden (Rechtsanwälte, Wirtschaftsprüfungsgesellschaften oder spezialisierte Anbieter von Meldekanälen). Für Unternehmen bzw. Organisationen mit nicht mehr als 249 Beschäftigten ist im Gesetz eine Umsetzungsfrist bis zum 17. Dezember 2023 für die Einrichtung interner Meldestellen vorgesehen.

Hinweisgeber haben grundsätzlich ein Wahlrecht, an welche Meldestelle (intern oder extern) sie sich wenden. Nach dem Willen des Gesetzgebers sollen allerdings interne Meldekanäle bevorzugt herangezogen werden, soweit absehbar ist, dass durch eine solche Meldung wirksam gegen den Verstoß vorgegangen werden kann und der Hinweisgeber hierdurch keine Repressalien bzw. Vergeltungsmaßnahmen zu befürchten hat.

Keine Verpflichtung mehr zur Bearbeitung anonymer Hinweise

Im nun verabschiedeten Kompromiss wurde die Pflicht gestrichen, die Abgabe anonymer Meldungen zu ermöglichen. Dies gilt sowohl für interne als auch für externe Meldestellen. Dennoch sollen nach dem Willen des Gesetzgebers anonym eingehende Meldungen ebenfalls bearbeitet werden. Unternehmen und Organisationen können mit dem gefundenen Kompromiss jedoch nun auf die Einrichtung vollständig anonymer Meldewege, beispielsweise durch Einschaltung von entsprechenden Drittanbietern, verzichten.

Ausblick

Unternehmen und Organisationen sollten spätestens jetzt handeln und interne Meldekanäle einrichten. Auch kleinere Einheiten mit weniger als 250 Beschäftigten sollten zeitnah mit der Planung beginnen, sofern noch nicht geschehen. Die Einrichtung entsprechender Kanäle benötigt Zeit. Ist ein Betriebsrat vorhanden, stehen diesem bei Ausgestaltung des Hinweisgebersystems in der Regel Mitbestimmungsrechte zu.

Foto: Shutterstock / Victor Moussa

Topics


Zeige weitere Artikel

Melden Sie sich für unseren Newsletter an!

Jetzt anmelden