Urlaubsrückkehrer

Die Ferienzeit lockt viele Reisehungrige an beliebte Urlaubsziele im Ausland, welche durch steigende Infektionszahlen und Ausbreitung der Delta-Variante unter Umständen zu Hochrisikogebieten erklärt wurden. Wir erläutern unter welchen Voraussetzungen Arbeitgeber verpflichtet sind Entgelt im Falle von behördlich angeordneter Quarantäne oder einer Corona-Infektion zu zahlen.

Wer aufgrund einer Corona-Infektion arbeitsunfähig erkrankt, hat nach § 3 EFZG grundsätzlich einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung. Verläuft die Erkrankung symptomlos und kommt es daher gar nicht zu einem Arbeitsausfall (z.B. weil die Tätigkeit im Homeoffice ausgeführt werden kann), erfolgt hingegen keine Entgeltfortzahlung, sondern die Zahlung des regulären Arbeitslohns.

Wer jedoch nicht selbst erkrankt, sondern lediglich einer behördlich angeordneten Absonderungspflicht unterliegt kann grundsätzlich seine Tätigkeit während der Quarantäne aus dem Home-Office ausüben, soweit möglich. Ist die Arbeitsleistung nicht aus dem Home-Office zu erbringen besteht ein Anspruch auf Entschädigung des Verdienstausfalls aus § 616 BGB. Sollte § 616 BGB vertraglich ausgeschlossen worden sein, besteht weiterhin ein Anspruch aus § 56 Abs.1 IfSG. Die Ansprüche auf Entschädigung des Verdienstausfalls sind jedoch ausgeschlossen, wenn die Absonderungsanordnung selbst verschuldet wurde. In Anbetracht der allgegenwärtigen Berichterstattung zum internationalen Pandemiegeschehen und den konkret ausgesprochenen Reisewarnungen des Auswärtigen Amts aufgrund der Risikoeinstufung des Robert-Koch-Instituts ist eine Reise in ein Gebiet, für das eine coronabedingte Reisewarnung ausgesprochen wurde, besonders leichtsinnig und ein erheblicher Verstoß gegen das Eigeninteresse eines verständigen Menschen. Eine Corona-Infektion aufgrund eines Aufenthalts in einem Hochrisiko- oder gar Virusvariantengebiet ist daher vorhersehbar und eigenverschuldet. Für die Quarantänezeit aufgrund einer Reise in ein Virusvarianten- bzw. Hochrisikogebiet besteht somit kein Anspruch auf Lohnfortzahlung, wenn die Einordnung schon bei der Abreise bekannt war. Nach § 56 Abs.1 Satz 4 IfSG besteht zudem ebenfalls kein Anspruch auf Entschädigung für den Einkommensausfall, wenn die Absonderungsanordnung die Folge einer vermeidbaren Reise in ein bei Reiseantritt eingestuftes Risikogebiet ist. Denn bei einer vermeidbaren Reise in ein Risikogebiet, für das vom Auswärtigen Amt eine Reisewarnung besteht, nimmt der Reisende bewusst in Kauf, bei seiner Rückkehr in „Quarantäne“ zu müssen.

Aufgrund der rasanten Entwicklungen des Infektionsgeschehens und der allgemeinen Warnung des Auswärtigen Amts vor nicht notwendigen Reisen ist zu beachten, dass Länder binnen kurzer Zeit als Hochrisiko – bzw. Variantengebiete eingestuft werden können. Insofern könnte auch eine Reise in ein Land, das erst nach der Abreise als ein solches Gebiet eingestuft wurde, zu einem Verschulden der Arbeitnehmer*innen führen. Hierfür sind jedoch die Umstände des Einzelfalls zu beachten.

Urlaubstage in Quarantäne werden nicht nachgewährt

Müssen sich Arbeitnehmer*innen während ihres Urlaubs in Absonderung begeben, so muss der Arbeitgeber die Urlaubstage, die in den Absonderungszeitraum fallen, nicht ohne Weiteres zurückgewähren. Dies gilt sogar, wenn Arbeitnehmer*innen selbst an Corona erkranken und sich deshalb absondern müssen. Eine Rückgewährung der Urlaubstage kann lediglich für die Zeit erfolgen, in der Arbeitnehmer*innen nachweislich (mittels ärztlicher Bescheinigung) arbeitsunfähig waren. Die Erkrankung mit dem Coronavirus führt jedoch nicht zwingend zur Arbeitsunfähigkeit. Eine behördliche Quarantäneanordnung ersetzt folglich eine ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nicht.

Bezahlte Freistellung für Schutzimpfung

Die Impfkampagne gegen das Coronavirus schreitet immer weiter voran. Viele Arbeitnehmer werden nach wie vor seitens ihres Arbeitgebers und der Politik zur Schutzimpfung ermutigt. Ein gesetzlicher Anspruch auf Freistellung von der Arbeit, um sich impfen zu lassen, besteht jedoch noch nicht. Grundsätzlich gilt, dass Arbeitnehmer*innen persönliche Termine außerhalb der Arbeitszeit vereinbaren müssen. Auch aus § 616 BGB ergibt sich kein Anspruch auf bezahlte Freistellung für die Coronaschutzimpfung. Gerade zu Beginn der Impfkampagne hatten jene, die sich impfen lassen konnten und wollten keinen Einfluss auf die Vergabe des Impftermins. Dieser wurde in einigen Fällen offiziell zugewiesen. Eine Abwesenheit von der Arbeit zwecks Wahrnehmung eines Impftermins war zum damaligen Zeitpunkt zwar unverschuldet. Allerdings setzt die Entgeltfortzahlungspflicht in § 616 BGB voraus, dass der Verhinderungsgrund in der Person der Arbeitnehmer*innen liegt. Das ist bei der fehlenden Verfügbarkeit von Impfterminen nicht der Fall. Zwischenzeitlich mangelt es nicht mehr an Impfangeboten und Arbeitnehmer*innen können diese frei, auch außerhalb der Arbeitszeit wählen.

Am Mittwoch, den 1. September 2021, verabschiedete das Bundeskabinett die Änderung der SARS-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung, welche am 10. September 2021 in Kraft tritt. Ab dann gilt, dass Arbeitgeber ihren Beschäftigten die Möglichkeit einräumen müssen, sich während der Arbeitszeit unter Fortzahlung der Vergütung gegen das Coronavirus impfen zu lassen. Bereits die Ankündigung dieser Änderung hat Kritik seitens der Arbeitgeberverbände nach sich gezogen. Es bestehen erhebliche Zweifel, ob die Entgeltfortzahlungspflicht durch Rechtsverordnung wirksam eingeführt werden kann. Neben der Verpflichtung, Arbeitnehmer*innen für die Schutzimpfung bezahlt freizustellen, müssen Arbeitgeber künftig auch über die Gesundheitsgefährdung bei einer Coronaerkrankung aufklären und über die Möglichkeit einer Schutzimpfung informieren. Die bestehenden Regeln der Corona-Arbeitsschutzverordnung gelten weiterhin – es sind betriebliche Hygienepläne zu erstellen, Arbeitgeber bleiben verpflichtet ihren Beschäftigten in den Betrieben mindestens zweimal pro Woche Tests anzubieten und die Hygieneregeln bleiben weiterhin einzuhalten.

Einhaltung der 3G-Regel

Aktuell gilt bundesweit die 3G-Regel. Danach hat nur Zutritt zu öffentlich zugänglichen Innenräumen, wer geimpft, genesen oder getestet ist. So stellt sich insbesondere für Arbeitgeber die Frage, ob die 3G-Regel auch für Beschäftigte gilt und wie sie im Betrieb angewendet werden kann.

Informationen über den Impf-, Genesen- und Teststatus von Arbeitnehmer*innen sind Gesundheitsdaten gem. Art. 9 Abs. 1 DSGVO, die besonders geschützt sind. Nach § 26 Abs. 3 S.1 BDSG ist die Verarbeitung dieser Daten nur zulässig, wenn sie zur Ausübung von Rechten oder zur Erfüllung von Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis erforderlich sind. Welche Datenerhebungen erforderlich sind, hängt von einer Abwägung der Interessen des Arbeitgebers und der Beschäftigten ab. Für ein Recht der Datenverarbeitung spricht die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers für den Schutz aller Arbeitnehmer*innen und gegenüber Dritten. Dagegen spricht jedoch, dass die Frage nach dem 3G-Status mit der Abfrage von Gesundheitsdaten in das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Arbeitnehmer*innen eingreift.

Mangels gesetzlicher Regelung, wie mit der Einhaltung der 3G-Regel am Arbeitsplatz umzugehen ist, verbleibt die erforderliche Interessenabwägung beim Arbeitgeber. Der Gesetzgeber hat sich grundsätzlich entschieden, ein anderes Schutzkonzept am Arbeitsplatz vorzuschreiben. Die SARS-CoV-Arbeitsschutzverordnung verpflichtet den Arbeitgeber zur Umsetzung betrieblicher Hygienekonzepte, die u.a. Abstandsregelungen, Maskenpflicht und andere Schutzmaßnahmen beinhalten. Die 3G-Regel ist hiervon nicht umfasst. Eine pauschale Anwendung der 3G-Regel am Arbeitsplatz ist daher nicht zulässig. Hier soll sich durch die Änderung der Corona-Arbeitsschutzordnung auch nichts ändern.  Somit ist es derzeit grundsätzlich nicht möglich, Beschäftigten wirksam den Zutritt zum Betrieb nur unter Einhaltung der 3G-Regel zu gestatten.

Neu ab 10. September 2021 mit Inkrafttreten der Änderungsverordnung ist, dass Arbeitgeber den ihnen bereits bekannten Impf- oder Genesungsstatus der Beschäftigten bei der Festlegung der erforderlichen Schutzmaßnahmen berücksichtigen können. Durch diese freiwilligen Auskünfte können immerhin die Hygienekonzepte ein wenig an die betrieblichen Erfordernisse angepasst werden. Eine Auskunftspflicht der Beschäftigten wurde nicht in der Verordnung geregelt, so dass weiterhin eine Interessenabwägung im Einzelfall erforderlich bleibt. Nach erfolgter Interessenabwägung sind allerdings in Einzelfällen durchaus Konstellationen denkbar, in denen die Einhaltung der 3G-Regel notwendig ist: Beispielsweise bei Kundenkontakten, bei internationalen Dienstreisen oder wenn die Teilnahme an Veranstaltungen zu dem Tätigkeitsbereich der Arbeitnehmer*innen gehört. Verweigern diese Arbeitnehmer*innen den Nachweis ihres Impfstatus oder der Offenlegung ihres aktuellen Testergebnisses, können sie ihre Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis nicht erfüllen. Der Arbeitgeber könnte dann arbeitsrechtliche Konsequenzen in Betracht ziehen, um seine Schutz- und Fürsorgepflichten gegenüber Beschäftigten und Dritten umzusetzen.

Impfpflicht in Unternehmen

Nicht nur die Einhaltung der 3G-Regel, sondern auch die Einführung einer Impfpflicht für gewisse Beschäftigungsgruppen ist für viele Arbeitgeber von großer Bedeutung. Derzeit gibt es keine gesetzliche Impfpflicht und somit keine gesetzliche Grundlage für die Einführung einer solchen Impfpflicht.

Nach aktuellen Medienberichten arbeitet Lufthansa mit den Arbeitnehmervertretungen an entsprechenden Vereinbarungen, die eine Coronaimpfung zur Voraussetzung für den Einsatz an Bord machen. Gerade Fluggesellschaften sind aufgrund der länderspezifischen Einreisebedingungen darauf angewiesen, dass ihr fliegendes Personal geimpft ist und entsprechend auf Flugreisen eingesetzt werden kann. Lufthansa geht den Weg über die Betriebsvereinbarung. Eine solche gibt es bereits zur Gelbfieberimpfung, welche für diese Mitarbeiter*innen auch verpflichtend ist. Auch in anderen Branchen können Arbeitgeber ihre Arbeitnehmer*innen nur entsprechend ihrer Tätigkeit einsetzen, wenn diese geimpft sind. So wird beispielsweise von Außendienstmitarbeiter*innen in Pharmakonzern mit Kontakt zu Krankenhäusern und Ärzt*innen ein vollständiger Impfschutz verlangt oder auch von Pflegepersonal in Altenheimen. Vor diesem Hintergrund gibt § 23a IfSG dem Arbeitgeber in speziellen Bereichen der Gesundheitsfürsorge und der Pflege jedenfalls die Möglichkeit, zu Zwecken der Begründung und Durchführung des Arbeitsverhältnisses den Impfstatus der Mitarbeitenden zu erheben und zu verarbeiten. Mangels Tätigwerdens des Gesetzgebers für alle anderen wirtschaftlichen Bereiche bislang sind Arbeitgeber bis auf Weiteres in dieser Hinsicht auf sich allein gestellt, um Wege und Mittel zu finden ihre Arbeitnehmer*innen entsprechend ihrer Tätigkeit einsetzen zu können und den jeweiligen coronabedingten Anforderungen (Einreisebestimmungen, Einhaltung der 3G-Regel bei Kunden o.ä.) zu genügen.

Photo: © 2021 Shutterstock / Anna K Mueller

Verfasser

Topics


Zeige weitere Artikel

Melden Sie sich für unseren Newsletter an!

Jetzt anmelden