Am 24. November 2021 hat die Ampel-Koalition bestehend aus SPD, FDP und Bündnis 90/Die Grünen eine Einigung über den Koalitionsvertrag erzielt. Dieser Vertrag steht jedoch noch unter dem Vorbehalt der Zustimmung durch die einzelnen Parteigremien.

Die Ampel-Koalition schreibt sich auf die Fahnen, die moderne Arbeitswelt gestalten zu wollen. Auf der einen Seite sollen berufliche Chancen eröffnet, auf der anderen Seite auch Sicherheit und Flexibilität geboten werden.

Einige Punkte der arbeitsrechtlichen Agenda der Ampel-Koalition können in der folgenden Legislaturperiode für Unternehmen durchaus Vor-, aber auch Nachteile bringen:

  • Der gesetzliche Mindestlohn soll ohne die bislang geplanten Stufen auf 12,00 EUR erhöht werden.
  • Die tägliche Höchstarbeitszeit von acht Stunden am Tag bleibt im Arbeitszeitgesetz erhalten. Allerdings sollen Gewerkschaften und Arbeitgeber flexible Arbeitszeitmodelle mit Unterstützung der Regierung ermöglichen. In 2022 soll es zunächst eine befristete Übergangsregelung geben, nach welcher Arbeitnehmer*innen auf Grundlage einer tarifvertraglichen Regelung unter bestimmten Voraussetzungen und unter Einhaltung bestimmter Fristen ihre Arbeitszeit flexibler gestalten können sollen.
  • Während einer Experimentierphase soll auf kollektivrechtlicher Basis die begrenzte Möglichkeit geschaffen werden, Abweichungen von der derzeitigen täglichen Höchstarbeitszeit zu schaffen.
  • Flexible Arbeitszeitmodelle, wie Vertrauensarbeitszeit, sollen möglich bleiben.
  • Schon die große Koalition wollte in der letzten Legislaturperiode einen gesetzlichen Anspruch auf Homeoffice einführen, was jedoch scheiterte. Die Ampel-Koalition greift dieses Vorhaben jetzt auf und möchte die Rechte der Beschäftigten insoweit stärken. Homeoffice soll von der Telearbeit abgegrenzt werden, so dass die Arbeitsstättenverordnung keine Anwendung mehr findet. Beschäftigte in geeigneten Tätigkeiten sollen einen Erörterungsanspruch über mobiles Arbeiten und Homeoffice Arbeitgeber sollen dem Wunsch der Beschäftigten nur dann widersprechen dürfen, wenn betriebliche Belange entgegenstehen. Eine Ablehnung darf weder sachfremd noch willkürlich erfolgen. Abweichende tarifliche und betriebliche Regelungen sollen aber möglich bleiben.
  • Die Ampel-Koalition möchte zudem mobiles Arbeiten EU-weit unproblematisch realisieren, was derzeit wegen der unterschiedlichen Regelungen in den einzelnen EU-Mitgliedsstatten nicht ohne Weiteres der Fall ist.
  • Die Grenzen für Mini-Jobs sollen auf 520,00 EUR (anstelle von bislang 450,00 EUR) und Midi-Job auf 1.600,00 EUR (anstelle von 1.300,00 EUR) angehoben werden.
  • Die weitreichenden Änderungen im Befristungsrecht, die noch in dem Koalitionsvertrag der großen Koalition enthalten waren, sollen nicht umgesetzt werden. Lediglich die Möglichkeit der Haushaltsbefristungen (für öffentliche Arbeitgeber) sollen abgeschafft Kettenbefristungen soll dadurch entgegengewirkt werden, dass Sachgrundbefristungen bei demselben Arbeitgeber auf eine Dauer von höchstens sechs Jahren begrenzt werden. Nur in engen Grenzen sollen Abweichungen möglich sein. Änderungen in Bezug auf sachgrundlose Befristungen soll es offensichtlich nicht geben.
  • Mit der Einführung von Bildungs(teil)zeit soll für die Beschäftigten die Vereinbarkeit von Beruf und beruflicher Weiterbildung erleichtert werden. Voraussetzung hierfür ist stets eine Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und dem Beschäftigten.
  • In Anlehnung an das Kurzarbeitergeld soll es künftig ein Qualifizierungsgeld geben, mit welchem die Bundesagentur für Arbeit vom Strukturwandel betroffene Unternehmen die Qualifizierung von Beschäftigen ermöglichen kann, um diese im Unternehmen zu halten und Fachkräfte zu sichern. Voraussetzung hierfür soll eine Betriebsvereinbarung sein.
  • Darüber hinaus soll das Transfer-Kurzarbeitergeld ausgeweitet und das Instrument „Transfergesellschaft“ weiterentwickelt werden.
  • Der Kündigungsschutz für Beschäftigte in Elternzeit wird auf drei Monate nach Rückkehr in den Beruf verlängert.
  • Die Steuererleichterung im Zusammenhang mit der Arbeit im Homeoffice wird für Beschäftigte bis zum 31. Dezember 2022 verlängert werden.
  • In einem Pilotprojekt sollen Online-Betriebsratswahlen durchgeführt werden. Es ist sehr wahrscheinlich, dass dieses Projekt noch vor den regulären Wahlen im kommenden Jahr aktiviert wird.
  • Betriebsräte sollen selbst bestimmen können, ob sie analog oder digital arbeiten.
  • Die Behinderung der demokratischen Mitbestimmung durch den Arbeitgeber soll künftig als Offizialdelikt eingestuft werden, d. h. durch die Staatsanwaltschaft von Amts wegen verfolgt werden.
  • Der Zugang der Gewerkschaften zum Betrieb soll an die Nutzung der modernen Medien angepasst werden. Gewerkschaften sollen daher einen digitalen Zugang in die Betriebe erhalten.
  • Die öffentliche Auftragsvergabe des Bundes soll zur Stärkung der Tarifbindung an die Einhaltung eines repräsentativen Tarifvertrages der jeweiligen Branche verbunden werden.
  • Betriebsausgliederungen zur Flucht aus der Tarifbindung sollen verhindert werden.

Natürlich bedarf jedes dieser Vorhaben noch der rechtlichen Umsetzung. Die Vorgängerregierung hat es nicht vermocht, alle arbeitsrechtlichen Pläne des Koalitionsvertrages während der Legislaturperiode umzusetzen. Es bleibt daher abzuwarten, wie und mit welcher Geschwindigkeit die Ampel-Koalition ihre Ziele im Zusammenhang mit arbeitsrechtlichen Themen verfolgen wird. Wir halten Sie natürlich auf dem Laufenden.

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