Am 24. April 2023 wurde die neue EU-Entgelttransparenzrichtlinie vom Rat final verabschiedet. Mit der Richtlinie soll die Entgeltgleichheit zwischen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern EU-weit gestärkt werden. Geschlechtsspezifische Entgeltdiskriminierungen sollen künftig durch verschärfte rechtliche Durchsetzungsmechanismen verhindert bzw. sanktioniert werden.

Wesentliche Eckpunkte der Richtlinie sind:

  • Entgelttransparenz für Bewerber*innen: Bei Stellenausschreibungen bzw. in Vorstellungsgesprächen müssen Arbeitgeber künftig Informationen über das betriebsübliche Einstiegsentgelt für die entsprechende Stelle oder dessen Spanne bereitstellen.  Zu ihrer früheren Vergütung dürfen die Bewerber*innen nicht befragt werden.
  • Transparenz der Entgeltfestsetzung und -entwicklung: Arbeitgeber mit mehr als 50 Beschäftigten müssen den Arbeitnehmer*innen Informationen über die Festlegung des Entgelts, der Entgeltstufen und der Entgeltentwicklung in leicht zugänglicher Art und Weise zur Verfügung stellen.
  • Auskunftsrecht für Arbeitnehmer*innen: Unabhängig von der Größe des Unternehmens können Arbeitnehmer*innen von ihrem Arbeitgeber umfassende Auskünfte über ihre individuelle und die durchschnittliche Vergütung für ihre sowie vergleichbare Stellen verlangen, aufgeschlüsselt nach Geschlecht und Arbeitnehmer*innengruppen. Arbeitnehmer*innen dürfen ihrerseits nicht gehindert werden, ihre Vergütung zum Vergleich wechselseitig offenzulegen.
  • Entgeltberichterstattung: Ab einer Betriebsgröße von 100 Beschäftigten müssen Arbeitgeber regelmäßig Informationen über das Lohngefälle zwischen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern veröffentlichen.
  • Gemeinsame Entgeltbewertung: Sofern die Entgeltberichterstattung ein geschlechtsspezifisches Lohngefälle von mindestens 5 % ergibt und der Arbeitgeber das Gefälle nicht anhand objektiver geschlechtsneutraler Faktoren rechtfertigen kann bzw. es nicht innerhalb von sechs Monaten nach Meldung beseitigt, hat er in Zusammenarbeit mit den Arbeitnehmervertretern eine Entgeltbewertung vornehmen.
  • Entschädigungsansprüche: Opfer geschlechtsspezifischer Entgeltdiskriminierungen können Schadensersatzansprüche und Entschädigungen (mitsamt der Nachzahlung entgangener Vergütung) geltend machen. Um die gerichtliche Durchsetzung zu erleichtern, sollen Verstößen gegen die Informationspflichten aus der Entgelttransparenzrichtlinie eine Beweislastumkehr zu Lasten der Arbeitgeber nach sich ziehen. In bestimmten Fällen sollen die Gerichte von den Arbeitgebern auch die Vorlage von Beweismitteln verlangen können. Zusätzlich ist die Möglichkeit von Verbandsklagen vorgesehen.
  • Inkrafttreten: Die Richtlinie tritt 20 Tage nach ihrer Veröffentlichung im EU-Amtsblatt in Kraft und muss dann binnen drei Jahren von den EU-Mitgliedstaaten in nationales Recht umgesetzt werden.

Fazit:

Aufgrund der Richtlinie ist mit einer deutlichen Verschärfung des deutschen Entgelttransparenzgesetzes zu rechnen. Unabhängig davon sind geschlechtsspezifische Benachteiligungen bei der Vergütung auch jetzt schon untersagt und werden von den Gerichten zunehmend strikter geahndet (vgl. zuletzt etwa die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 16.02.2023).

Arbeitgeber dürften daher gut beraten sein, ihre betrieblichen Entgeltstrukturen schon jetzt einer kritischen Überprüfung zu unterziehen.

Foto: Shutterstock / Andrey_Popov

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