Dürfen Arbeitnehmer*innen KI‑Systeme einsetzen?

Eine erste spannende Frage ist, inwiefern der Einsatz von KI‑Systemen zur Ausführung der Arbeit durch Arbeitnehmer*innen überhaupt zulässig ist. Grundsätzlich ist die Arbeitsleistung eines jeden Arbeitnehmers höchstpersönlich zu erbringen – so regelt es § 613 BGB. Nun ist es (zumindest derzeit noch) nicht so, dass KI‑Systeme anstelle von Arbeitnehmer*innen Arbeitsleistungen erbringen – auch bei Zuhilfenahme von KI‑Systemen wie z. B. ChatGPT u.a. bliebe es dem/der Arbeitnehmer*in, die geschuldete Leistung in Person zu erbringen.

Der Einsatz von KI‑Systemen kann häufig im Interesse des Arbeitgebers liegen, da Arbeitsprozesse vereinfacht und auf diese Weise die Arbeitszeit einzelner Arbeitnehmer effizienter genutzt werden kann.

Grundsätzlich aber unterliegt auch die Gestattung des Einsatzes von KI‑Systemen dem arbeitgeberseitigen Direktionsrecht. Der Arbeitgeber hat vor der Gestattung des Einsatzes eine Reihe von Fragen zu wägen, etwa welche Systeme er zum Einsatz bringen möchte, wie die rechtlichen Rahmenbedingungen hierfür geschaffen werden können etc. Vor diesem Hintergrund sollten Arbeitnehmer*innen nur die Systeme nutzen, die vom Arbeitgeber zur Nutzung freigegeben worden sind. Im Zweifelsfall werden sie fragen müssen.

Was sollte der Arbeitgeber also regeln?

Arbeitgeber sind gut beraten, wenn sie vor der Freigabe der Nutzung von KI‑Systemen die rechtlichen Rahmenbedingungen für deren Einsatz schaffen. Zu beachten sind nicht zuletzt die Vorgaben des (EU-)Gesetzgebers, insbesondere die KI‑Verordnung (AI-Act) der Europäischen Union, deren Regelungen teilweise bereits jetzt in Kraft getreten sind und weitere schrittweise in Kraft treten. So ist es Arbeitgebern beispielsweise bereits jetzt verboten, KI‑Systeme zur Emotionserkennung am Arbeitsplatz oder in Bildungseinrichtungen zum Einsatz zu bringen.

Darüber hinaus sollte der Arbeitgeber Regelungen treffen, wie die Prüfung, Steuerung und Kontrolle der KI‑Nutzung durch die Arbeitnehmer*innen erfolgen soll. Es ist von grundlegender Bedeutung, dass stets eine verantwortliche Person die durch KI erzeugten Arbeitsergebnisse noch einmal überprüft.

Nicht zu vernachlässigen sind ferner die datenschutzrechtlichen Pflichten, die den Arbeitgeber treffen. Wird KI durch Arbeitnehmer*innen genutzt, müssen die hierfür freigegebenen Systeme so ausgestaltet sein, dass sie datenschutzkonform angewendet werden können. Andernfalls besteht das Risiko, dass Arbeitnehmer*innen bei Nutzung von KI‑Systemen beispielsweise durch Eingabe personenbezogener Daten Verstöße begehen. Gleiches gilt für die Eingabe von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen sowie sonstigen vertraulichen Informationen – hierfür muss es eine klare Vorgabe geben, ob und ggf. wie entsprechende Daten an KI‑Systeme gegeben werden dürfen.

Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats

Eine weitere relevante Fragestellung im Zusammenhang mit dem Einsatz von KI am Arbeitsplatz betrifft die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats. Führt der Arbeitgeber KI‑Systeme ein, dürfte dies in der Regel mitbestimmungspflichtig nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG sein. Allerdings greift dieses Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nur, wenn die technische Einrichtung – in diesem Fall die KI‑Software – zumindest abstrakt dazu geeignet ist, das Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer zu überwachen, was in der Regel bejaht werden muss.

Ferner löst der geplante Einsatz von KI‑Systemen im Betrieb Unterrichtungspflichten gem. § 90 Abs.1 Nr. 3 BetrVG aus. Hiernach hat der Arbeitgeber den Betriebsrat über die geplanten Maßnahmen des Einsatzes von KI‑Systemen so rechtzeitig zu unterrichten und diese mit dem Betriebsrat zu beraten, dass ggf. Vorschläge und Bedenken des Betriebsrats bei der Planung noch berücksichtigt werden können.

Denkbar ist auch, dass die Einführung von KI‑Systemen Unterrichtungs- und Mitbestimmungspflichten gem. § 111 Nr. 5 BetrVG auslöst, da es sich hierbei ohne Weiteres auch um die Einführung grundlegend neuer Arbeitsmethoden handeln kann. Dies ist mit Blick auf das konkrete System und den konkreten Betrieb im Einzelfall zu beurteilen.

Fazit

Der Einsatz von KI‑Systemen am Arbeitsplatz ist ohne jeden Zweifel nicht mehr aufzuhalten. KI‑Systeme können ein wertvolles Instrument zur Entlastung von Arbeitnehmer*innen und zur effizienteren Nutzung personeller Ressourcen. Arbeitsergebnisse können auch qualitativ verbessert werden. Entscheidend ist jedoch, dass Arbeitgeber die verschiedenen rechtlichen und organisatorischen Hürden im Blick behalten, ohne die ein rechtskonformer Einsatz von KI‑Systemen nicht möglich ist.

Bild erstellt mit Adobe Firefly

Verfasser

Topics


Zeige weitere Artikel

Melden Sie sich für unseren Newsletter an!

Jetzt anmelden