Derzeit haben rund 14 %, also etwas mehr als 12 Millionen, der in Deutschland lebenden Menschen keinen deutschen Pass. Davon leben ca. 5,3 Millionen, d.h. rund 44 %, seit mindestens zehn Jahren in Deutschland. Nur ein Teil der Berechtigten strebt derzeit die Einbürgerung an. Die Einbürgerungsquote in Deutschland liegt mit 1,1 % unter dem EU-Durchschnitt von 2,0 %. Und das, obwohl der deutsche Pass im „Pass Index“ seit Jahren zu den wertvollsten Pässen zählt.
Einbürgerung
Eine der wesentlichen Neuerungen betrifft die Mindestaufenthaltsdauer für eine Einbürgerung. Vor der Änderung musste man in der Regel mindestens acht Jahre in Deutschland gelebt haben, um die deutsche Staatsangehörigkeit beantragen zu können. Mit der Gesetzesänderung wird diese Frist auf fünf Jahre verkürzt (§ 10 Abs. 1 Satz 1 StAG).
Das neue Gesetz soll zudem weitere Anreize zur Integration schaffen, indem die für die Einbürgerung erforderliche Mindestaufenthaltsdauer in Deutschland weiter verkürzt werden kann. SO können Menschen, die einen hohen Integrationsgrad erreicht haben und dies durch ein C1-Sprachzertifikat nachweisen können, die Mindestaufenthaltsdauer in Deutschland weiter auf drei Jahre herabsetzen. Ein solch hohes Maß an Integration kann beispielsweise durch besondere schulische oder berufliche Leistungen oder ehrenamtliches Engagement nachgewiesen werden.
Die Gesetzesreform bringt noch weitere relevante Änderungen bei den Voraussetzungen der Einbürgerung:
So müssen Einbürgerungsbewerber künftig ein Bekenntnis zur besonderen historischen Verantwortung Deutschlands, insbesondere für den Schutz jüdischen Lebens, ablegen (§ 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a StAG). In bestimmten Fällen kommt nun auch eine Erleichterung bei den Sprachanforderungen in Betracht (§ 10 Abs. 4, 4a, 6 StAG). Ausreichend bei ehemaligen Gastarbeitern ist es beispielsweise, wenn sie sich ohne Schwierigkeiten im Alltag auf Deutsch mündlich verständigen können. Zudem entfällt das Einbürgerungshindernis des Sozialhilfebezugs in bestimmten Fällen, z.B. bei langjährig in Deutschland lebenden Gastarbeitern oder bei Menschen, die voll erwerbstätig sind (§ 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StAG).
Mehrstaatlichkeit
Wer in Deutschland einen Antrag auf Einbürgerung stellt, kann künftig seine bisherige Staatsangehörigkeit uneingeschränkt behalten. Außerdem können alle deutschen Staatsangehörigen, die eine andere Staatsangehörigkeit erwerben wollen, ihre deutsche Staatsangehörigkeit automatisch behalten und müssen keinen Antrag auf Beibehaltung der deutschen Staatsangehörigkeit mehr stellen. Deutsche Staatsangehörige können künftig mehrere Staatsangehörigkeiten haben.
Derzeit ist die doppelte Staatsbürgerschaft nur in seltenen Fällen zulässig. Seit über 15 Jahren werden jedoch mehr als die Hälfte aller Einbürgerungen unter Hinnahme mehrerer Staatsbürgerschaften vorgenommen. Die Tendenz ist steigend. Im Jahr 2022 betrug die Quote der Mehrstaatlichkeit bei Einbürgerungen sogar 74,1 %.
Neuregelung des Staatsangehörigkeitsverlustes
Das reformierte Gesetz passt auch die Regelungen über den Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit an. Gründe für den Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit können nach § 17 Abs. 1 StAG der Verzicht, der Eintritt in ausländische Streitkräfte oder die Teilnahme an Kampfhandlungen einer terroristischen Vereinigung im Ausland oder die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes sein.
Beachtlich ist zudem, dass bei Kindern ein rückwirkender Verlust eintreten kann, wenn die Voraussetzungen für den Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit weggefallen sind (§ 17 Abs. 2 StAG).
Weitere Änderungen
Das Erfordernis der Anpassung an die Lebensverhältnisse in Deutschland soll durch konkrete Ausschlussgründe wie Polygamie und Nichtbeachtung der Gleichberechtigung der Geschlechter ersetzt werden.
Auch das Verfahren der Sicherheitsüberprüfung soll digitalisiert und beschleunigt werden. Gleichzeitig wird der Kreis der Behörden, bei denen eine Sicherheitsüberprüfung beantragt wird, um die Sicherheitsbehörden erweitert, die auch an aufenthalts- und flüchtlingsrechtlichen Beteiligungsverfahren beteiligt sind.
Ausblick
Mit dem „Gesetz zur Modernisierung des Staatsangehörigkeitsrechts“ treten ab dem 27.06.2024 umfassende Änderungen im Staatsangehörigkeitsrecht in Kraft. Insbesondere die Verkürzung der Mindestaufenthaltsdauer erleichtert die Einbürgerung. Gleichzeitig gibt es Anpassungen bei den Einbürgerungsvoraussetzungen und beim Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit.
Es ist daher zu erwarten, dass durch das neue Gesetz die Zahl der Einbürgerungsanträge in Deutschland deutlich ansteigen wird, zumal viele Antragsteller die Staatsangehörigkeit eines anderen Landes besitzen und daher derzeit nicht eingebürgert werden können, ohne ihre bisherige Staatsangehörigkeit aufzugeben. Es ist auch davon auszugehen, dass das neue Gesetz Deutschland im „war for talents“ zu einem attraktiveren Arbeitsmarkt macht, da der Zugang zum deutschen Pass, einem der global wertvollsten Pässe, erleichtert wird.
Zu beachten wird aber auf der anderen Seite auch sein, dass sich durch die deutlich gestiegene Zahl der Anträge die Bearbeitungszeiten weiter verlangsamen werden. Derzeit beträgt die Bearbeitungszeit aufgrund des Brexit und des Covid-Rückstaus oft bereits mehr als ein Jahr. Um lange Wartezeiten zu vermeiden, empfehlen wir, sofort nach Inkrafttreten des neuen Gesetzes etwaige Anträge zu stellen.
Foto: shutterstock / Wirestock Creators