Die meisten Unfälle passieren in den eigenen vier Wänden, die Zeit im Homeoffice ist da keine Ausnahme. In den letzten Monaten hat das Homeoffice – bedingt durch die COVID-19 Pandemie – einen beispiellosen Aufschwung erlebt. Aber was passiert eigentlich, wenn sich Mitarbeiter im Homeoffice verletzen?
Gemäß §8 SGB VII sind Unfälle als sogenannte Arbeitsunfälle vom Versicherungsschutz des SGB gedeckt, wenn sie Folge einer versicherungsschutzauslösenden Tätigkeit i.S.d. SGB sind. Grundsätzlich ist dies der Fall, wenn eine Tätigkeit in das Unternehmen des Arbeitgebers eingegliedert ist und sich Vor- oder Nachteile, die unmittelbar aus der Tätigkeit erwachsen, nicht für den Mitarbeiter, sondern für den Arbeitgeber ergeben. Zwingende Voraussetzung ist dementsprechend ein innerer Zusammenhang zwischen der unfallverursachenden Tätigkeit und der Verrichtung von Haupt- und Nebenpflichten aus dem Arbeitsvertag. Verfolgt ein Mitarbeiter mit einer bestimmten Handlung hingegen einen rein privaten Zweck, sind dabei passierende Unfälle nicht vom Versicherungsschutz der Unfallversicherung nach dem SGB gedeckt.
Es liegt in der Natur der Sache, dass sich die private und die betriebliche Sphäre im Homeoffice stärker vermischen und eine scharfe Abgrenzung erschwert wird. An dieser Stelle ist es hilfreich, sogenannte Betriebswege klar von Wegunfällen zu differenzieren. Wegunfälle i.S.d. SGB VII sind Unfälle, die sich auf dem Weg zur Arbeit oder auf dem Rückweg zutragen. Nach der Rechtsprechung des BSG umfasst der Versicherungsschutz des SGB VII bspw. Wegunfälle auf dem Weg zur Arbeit erst, wenn die Außentür des Gebäudes, in dem sich die Wohnung des Mitarbeiters befindet, passiert wurde. Betriebswege i.S.d. SGB VII gehen hingegen darüber hinaus und umfassen auch Wege in Ausübung der betrieblichen Tätigkeiten und sind nicht auf den Weg zwischen Arbeitsstätte und Wohnung beschränkt.
In Umsetzung dieser Grundsätze und Übertragung auf das Arbeiten im Homeoffice hat das BSG entschieden, dass der Weg zum Zwecke der Nahrungsaufnahme in der eigenen Wohnung als rein eigenwirtschaftliche Handlung zu sehen ist und somit kein Betriebsweg und auch kein Arbeitsunfall vorliegt. Wird der Weg innerhalb der Wohnung allerdings zurückgelegt, um eine Pflicht zu erfüllen (wie etwa um an einer Telefonkonferenz teilzunehmen oder ein Kopiergerät zu nutzen), ist der Unfall ein Arbeitsunfall. Dies gilt wiederum nicht für Wege, die innerhalb der Wohnung zurückgelegt werden, um eine Arbeitsverrichtung generell zu ermöglichen.
Wird hingegen die Wohnung verlassen, um Nahrung zu beschaffen, gilt der Versicherungsschutz des SGB VII – aus Gleichstellungsgründen gegenüber Mitarbeitern, die ihre Arbeit in einer Betriebsstätte verrichten, jedenfalls für einen zurückgelegten Weg pro Arbeitstag.
Zusammenfassend ist darauf abzustellen, welche Beweggründe den Mitarbeiter zu der unfallverursachenden Tätigkeit movierten. Sind diese auf die Erfüllung arbeitsrechtlicher Verpflichtungen ausgerichtet, kann von einem Versicherungsschutz ausgegangen werden. Stehen hingegen private Beweggründe im Vordergrund, ist nicht von einem Arbeitsunfall auszugehen.
Foto: © 2020 Shutterstock / Brian A Jackson