Das BAG hat hier die Gelegenheit genutzt, seine Rechtsprechung zu arbeitsvertraglichen Zielvereinbarungen zu weiterzuentwickeln. Demnach ist nun Vorsicht geboten bei der vertraglichen Formulierung von Zielvereinbarungen.
Hintergrund
Vertragliche Zielvereinbarungen zu Bonuszahlungen, die jeweils für einen gewissen Zeitraum gelten sollen, sind sehr weit verbreitet. Ebenso verbreitet sind Formulierungen, die im Falle einer fehlenden Vereinbarung es dem Arbeitgeber ermöglichen sollen, Ziele einseitig festzulegen. Eine solche Klauselgestaltung lag auch der Entscheidung des BAG zu Grunde. Im entschiedenen Fall hat der Arbeitnehmer den Arbeitgeber zunächst aufgefordert, in Verhandlungen über die Zielvereinbarung für das kommende Geschäftsjahr zu treten. Der Arbeitgeber antwortete, dass der Arbeitnehmer zunächst einen Vorschlag machen solle. Als der Arbeitnehmer dem nicht nachkam, übermittelte der Arbeitgeber einen eigenen Vorschlag, verbunden mit Bitte um eine Rückmeldung und dem Angebot eines Gesprächs. Der Arbeitnehmer meldete sich hierauf mit einem Gegenentwurf, welchen der Arbeitgeber ablehnte und sodann einseitig die Zielvorgaben festlegte. Das Arbeitsverhältnis endete kurz darauf durch ordentliche Kündigung des Arbeitnehmers, einen Bonus zahlte ihm der Arbeitgeber für das betreffende Geschäftsjahr nicht. Mit Blick auf die entgangene variable Vergütung klagte der Arbeitnehmer auf Schadensersatz in Höhe des vollen Bonus und machte geltend, der Arbeitgeber habe die Vereinbarung von Bonuszielen unterlassen.
Entscheidung
Das BAG hat entschieden, dass die konkret verwendete Zielvereinbarungsklausel, die es dem Arbeitgeber subsidiär ermöglichte, selbst Ziele festzulegen, für den Arbeitnehmer unangemessen benachteiligend und damit unwirksam ist. Sie würde dem Verwender ermöglichen, die vertraglich vereinbarte Rangfolge von Zielvereinbarung und Zielvorgabe zu unterlaufen. Um die Konkretisierung und Gewichtung der zu erreichenden Ziele einseitig vorzunehmen, könnte der Arbeitgeber die Verhandlung über die Zielvereinbarung grundlos verweigern oder abbrechen und sich so selbst in die Lage versetzen, Ziele einseitig festzulegen. Mitarbeitenden wäre dadurch die vorrangige Möglichkeit genommen, zur Wahrung ihrer Interessen auf die Festlegung der Ziele im Verhandlungswege Einfluss zu nehmen. Auch entsteht nach Ansicht des BAG durch die bestehende Gefahr des einseitigen Abbruchs der Verhandlungen bereits im Vorfeld ein unangemessener Druck für den Arbeitnehmer, die Vorschläge des Arbeitgebers für eine Zielvereinbarung auch dann zu akzeptieren, wenn die eigenen Vorstellungen hiervon abweichen.
In der Folge waren allein die bestehenden Grundsätze über die Durchführung und das Scheitern einer Zielvereinbarung anzuwenden. Konkret sah das BAG die Bemühungen des Arbeitgebers zur Erzielung einer Vereinbarung als nicht ausreichend an. Es konnte nicht erkennen, inwieweit der Kerninhalt der vorgeschlagenen Zielvereinbarung ernsthaft zur Disposition gestellt war und ob der Arbeitnehmer tatsächlich hätte Einfluss auf die arbeitgeberseitigen Vorgaben nehmen können. In der Folge hat das BAG festgestellt, dass der Arbeitgeber die Pflicht aus dem Arbeitsvertrag zur Verhandlung über eine Zielvereinbarung schuldhaft verletzt hat. Es hat dem Arbeitnehmer (annähernd) den vollen Bonus zugesprochen.
Praxistipp
Bei der Formulierung vertraglicher Bonusklauseln ist stets Vorsicht geboten. Gerade die Verpflichtung zur Fassung von Zielvereinbarungen stellt sich häufig im Nachhinein als sehr problematisch heraus. Das Urteil aber erneut klar, dass einseitige, arbeitgeberseitige Zielsetzungen zulässig sind. Beim Aufsetzen variabler Vergütungssysteme sollten Arbeitgeber genau überlegen, für welchen Weg sie sich entscheiden.
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