Unternehmen sind oft bereit, ihre Beschäftigten bei längerfristigen und kostenintensiven Qualifizierungs- und Weiterbildungsmaßnahmen zu unterstützen, da an solchen Weiterbildungen in der Regel auch ein betriebliches Interesse besteht. Nicht selten ist die finanzielle Unterstützung für Qualifizierungs- und Weiterbildungsmaßnahmen an bestimmte Bedingungen geknüpft. Insbesondere haben die Unternehmen ein Interesse, dass das Arbeitsverhältnis während und nach der Maßnahme noch für eine bestimmte Zeit besteht und nicht sofort gekündigt wird. Im Falle einer vorzeitigen Kündigung müssten dann die Weiterbildungskosten anteilig oder vollständig zurückgezahlt werden.

Zur vertraglichen Absicherung der Modalitäten der Maßnahme und ggf. der Rückzahlung von aufgelaufenen Kosten werden üblicherweise Fortbildungsverträge verwendet. Dass hier zahlreiche Fehlerquellen lauern, zeigt gerade ein aktuelles Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG, Urt. v. 25. April 2023, 9 AZR 187/22).

Hintergrund des Verfahrens

In dem vorliegenden Sachverhalt, der Gegenstand des Revisionsverfahrens war, wurde ein Fortbildungsvertrag zwischen einer Steuerberater- und Wirtschaftsprüfersozietät und einer dort tätigen Buchhalterin zur Unterstützung der Vorbereitung auf die Steuerberaterprüfung geschlossen. Die Sozietät leistete Zuschüsse für die Vorbereitungs- und Prüfungskosten in Höhe von insgesamt über 4.000 EUR. In den folgenden drei Jahren trat die Mitarbeiterin nicht zur Steuerberaterprüfung an und kündigte schließlich das Arbeitsverhältnis. Die Sozietät verlangte daraufhin die Rückzahlung der bis dato geleisteten Beiträge zur Fortbildung.

Der zwischen den Parteien geschlossene Fortbildungsvertrag enthielt eine entsprechende Rückzahlungsklausel, wonach die gezahlten Fördermittel zurückzuzahlen sind, wenn die Mitarbeiterin die Prüfung nicht ablegt bzw. wiederholt, oder wenn sie innerhalb von 24 Monaten nach Ablegen der Prüfung aus der Sozietät ausscheidet. Bei dem Arbeitsgericht und dem Landesarbeitsgericht hatte die Sozietät Erfolg mit dem Rückzahlungsbegehren. Der 9. Senat des Bundesarbeitsgerichts hingegen ist gänzlich anderer Meinung und verneint den Rückzahlungsanspruch.

Einzelvertragliche Vereinbarungen über Fortbildungskosten unterliegen als Allgemeine Geschäftsbedingungen regelmäßig einer Inhaltskontrolle

Wie bereits häufig entschieden, handelt es sich in der Regel bei Vereinbarungen über Fortbildungskosten um Allgemeine Geschäftsbedingungen. Damit unterliegen solche Klauseln einer Inhalts- und Angemessenheitskontrolle gemäß §§ 307 ff. BGB.

Rückzahlungsklausel stellt unangemessene Benachteiligung dar

Im konkreten Fall hielt die vereinbarte Rückzahlungsklausel der Inhaltskontrolle jedoch nicht stand. Nach Auffassung des Senats benachteiligte sie die Mitarbeiterin unangemessen und schränkte sie in ihrem Grundrecht auf Berufswahlfreiheit nach Art. 12 I 1 GG ein. In Anlehnung an die bereits seit Jahren bekannte und immer verfeinerte Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zu Rückzahlungsklauseln bei erfolgten Eigenkündigungen der Beschäftigten müssen auch Klauseln, die eine Rückzahlungspflicht an das (wiederholte) Nichtablegen einer Prüfung anknüpfen, danach differenzieren, ob die Gründe für das Nichtablegen der Prüfung im Verantwortungsbereich der Beschäftigten liegen, oder außerhalb dieses Verantwortungsbereiches. Ist der/die Beschäftigte für die Gründe, die zum Nichtablegen der Prüfung geführt haben, nicht verantwortlich, kann nach Ansicht des Bundesarbeitsgerichts keine Rückzahlungspflicht entstehen. Die hier zu beurteilende Klausel differenzierte nicht nach den Gründen für das Nichtablegen der Prüfung und war vor diesem Hintergrund inhaltlich nicht differenziert genug.

Kategorisierung auch bei der Härtefallregelung erforderlich

Zu keiner anderen Beurteilung führte die entsprechende Härtefallklausel im Fortbildungsvertrag. Diese sah zwar vor, dass im Falle des Nichtbestehens der Prüfung aufgrund eines objektiven, nicht selbst zu vertretenden Umstandes (z.B. dauerhafte Erkrankung oder Pflege eines Angehörigen) nach Wegfall des Hinderungsgrundes ein erneuter Prüfungsversuch zu erfolgen habe, ohne jedoch grundsätzlich die Rückzahlung an bestimmte Bedingungen zu knüpfen.

Der Senat führte hierzu aus, dass die Härtefallklausel zwar einige in der Praxis relevante Fallkonstellationen berücksichtige, jedoch nicht einer Generalklausel gleich alle Tatbestände umfasse, für die das Bestehen einer Rückzahlungsverpflichtung unangemessen wäre. Damit griff die Härtefallklausel nach Ansicht des Senats zu kurz und konnte die in der Fortbildungsvereinbarung vorgesehene Rückzahlungsklausel aus Sicht des Unternehmens nicht „retten“.

Praxishinweis

Aus Unternehmenssicht empfiehlt es sich, die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zu Fortbildungsverträgen stets im Auge zu behalten. Um wirksame Rückzahlungsverpflichtungen zu begründen, ist es insbesondere wichtig, eine hinreichende Differenzierung der jeweiligen Verantwortungs- und Risikosphären vorzunehmen. Fehler in diesem Bereich führen schnell zur vollständigen Unwirksamkeit von Rückzahlungsklauseln.

Foto: Shutterstock – Inside Creative House

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